Betriebsübergabe:Chef gesucht

In den kommenden Jahren steht in vielen Handwerksbetrieben ein Generationenwechsel an. Einen Nachfolger zu finden, wird aber immer schwieriger

Von Edgars Opulskis, Erding

Im Landkreis Erding gibt es 2543 Handwerksbetriebe, 1998 sind Einzelunternehmen. Und von diesen Einzelunternehmern sind laut der Handwerkskammer für München und Oberbayern 535 Inhaber älter als 55 Jahre. Sie stehen demnächst vor dem Problem, die Nachfolge regeln zu müssen. "Betriebsnachfolger sind mindestens so schwer zu finden wie Auszubildende", sagt dazu der Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger, selbst Inhaber des Bauunternehmens Anzinger.

Waxenberger ist nicht alleine der Meinung, dass die Zeiten sich geändert haben. Früher sei es meistens klar gewesen, dass der Sohn des Vaters Posten eingenommen habe, sagt Obermeister Martin Reiter von der Bauinnung Freising-Erding. Der Handwerksberuf werde aber allgemein immer unattraktiver, sagt Waxenberger. Viele entschieden sich lieber für was anderes. "In der Gesellschaft herrscht ein anderes Verantwortungsbewusstsein", findet er und nennt das "organisierte Verantwortungslosigkeit". Er ist gelernter Maurer und hat die Techniker- und Meisterschule in München besucht. "Dann war ich Bauleiter und habe schließlich den Betrieb meines Chefs übernommen, den ich heute noch führe."

Man könne aber nicht alles auf die fehlende Attraktivität des Handwerks zurückführen, sagt Christoph Molocher, Betriebsberater der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Ihm zufolge gibt es noch andere Gründe: Viele Betriebsleiter seien zwischen 1955 und 1969 geboren und gehörten zur Generation der Babyboomer, der geburtenstärksten Jahrgänge des vergangenen Jahrhunderts. Es gibt somit jetzt besonders viele Betriebe, für die Nachfolger gefunden werden müssten.

Marco Wenz, ebenfalls von der Handwerkskammer, sieht ein weiteres Problem: Wer eine sichere Anstellung habe, gehe nur ungern das Risiko ein, einen eigenen Betrieb zu übernehmen. Es fehlten neben qualifizierten Leuten eben auch solche, die ein Einzelunternehmen überhaupt leiten möchten. "Nicht jeder ist dafür gemacht, einen Betrieb zu leiten," sagt auch Reiter. Und auch früher sei es vorgekommen, dass man ein Unternehmen verkaufen habe müssen oder an einen anderen Kollegen weitergegeben habe.

Ein Betrieb zu übernehmen, sei ein finanzielles und persönliches Wagnis. "Es fordert Risikobereitschaft, Verantwortung und viel längere Arbeitszeiten", sagt Dietmar Woikowski, der eine Schreinerei geführt und einen Nachfolger gefunden hat, aber nicht unter seinen eigenen Nachkommen. Seine Kinder wollten den Betrieb nicht übernehmen, sagt Woikowski, und er habe keinen zwingen wollen. "Das Problem ist nicht, einen qualifizierten Nachfolger zu finden. Das Schwierige ist, dass man einen passenden findet." Die Suche habe eineinhalb Jahre gedauert. Seit zwei Jahren leitet Walter Wolf nun die Woikowski Design GmbH. Der frühere Chef ist aber auch noch öfter im Büro: "Ich befinde mich im passiven Ruhestand."

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