Berglern:Strolche in der Einflugschneise

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Startbahndiskussion lähmt das Gemeindeleben. Seit 2004 hat Berglern kein einziges Grundstück mehr verkaufen können.

Wolfgang Schmidt

Schon heute fliegen die stählernen Kolosse bei ihrem Anflug auf den Flughafen im Erdinger Moos gefährlich tief über Berglern hinweg. Damit haben sich die Menschen gezwungenermaßen arrangiert. Eine weit größere Bedrohung für das Gemeindeleben stellt aber schon jetzt die geplante dritte Start- und Landebahn dar - und das, obwohl sie noch nicht einmal beschlossen ist. Berglerns vermeintliche Planungshoheit steht nur noch auf dem Papier.

In dem eigentlich recht beschaulichen Dorf Berglern rumort es. (Foto: Bauersachs)

Das reicht bis in die kleinsten Verästelungen des Gemeindelebens hinein: Am Donnerstagabend wurde der Gemeinderat von einem Protestschreiben der Eltern des Kindergartens "Die Strolche" überrascht. Untermauert mit 29 Unterschriften stand auf dem Papier die Weigerung, ab September höhere Kindergartenbeiträge zu zahlen, sollten die Mängel in der Unterkunft der "Strolche" nicht abgeschafft werden. Aber noch mehr trieb die vierköpfige Frauen-Delegation um, dass ihr Nachwuchs wie Zweite-Klasse-Kinder behandelt werde: Sie müssten in einem Provisorium hausen. Nebenan, im Zwergerlhaus, leiste sich die Gemeinde für den Kinderhort eine vergleichsweise luxuriöse Ausstattung.

Die Mängelliste wird so gut es geht abgearbeitet, aber das Übel an der Wurzel packen, sprich das Provisorium durch einen Neubau zu ersetzen, das kann und will der Gemeinderat sich nicht leisten. Der Erste Bürgermeister Herbert Knur sagte, es gehe hier um eine Größenordnung von drei Millionen Euro - und für eine Investition in dieser Höhe "sei die Zeit einfach nicht reif". Knur verwies darauf, dass eine frühere Einnahmequelle der Gemeinde komplett versiegt sei.

Seit 2004, als die ersten Gespräche über die Schaffung einer dritten Start- und Landebahn aufkamen, hat die Gemeinde kein einziges Grundstück mehr auf dem freien Markt verkaufen können. Und Berglern muss Knurs Auffassung nach auch für den Fall gerüstet sein, dass der Flughafen um die neue Bahn erweitert wird. Dazu wird er in nächster Zeit an seine Kollegen im Gemeinderat eine Einladung zu einer Krisensitzung verschicken. Dort wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit auch darüber diskutiert werden, im Fall der Fälle die bestehenden Kinderbetreuungseinrichtungen nach Mitterlern verlegen zu müssen.

Die Flinte ins Korn werfen werden die Berglerner aber noch lange nicht. Am 9. Juni wird in der Gemeinde eine Großdemo mit Sternmarsch, Getöse und Musikbegleitung aus den verschiedenen Ortsteilen zum Kirchplatz stattfinden. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Knur steht in ständigem Kontakt zur örtlichen Bürgerinitiative und zu den Leuten von "Aufgemuckt".

Das Datum ist mit Bedacht gewählt, am 17. Juni stimmen die Münchner über Sinn und Unsinn einer dritten Start- und Landebahn ab. Denen wollen die Organisatoren noch einmal einen deutlichen Fingerzeig geben. Denn ohne die Beteiligung des 23-Prozent-Partners München ist das Projekt auf jeden Fall gestorben - und Berglern kann seinen Kindergarten dort hinbauen, wo es will.

© SZ vom 05.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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