Berglern:Herr Kollege Bürgermeister

Lesezeit: 3 min

Anton Scherer, seit 2020 Bürgermeister von Berglern, an seinem Schreibtisch in der Verwaltungsgemeinschaft Wartenberg. (Foto: Renate Schmidt)

Anton Scherer ist Rathauschef von Berglern und zugleich Leiter der Bauverwaltung im Erdinger Rathaus. Dass der Dienstherr zugleich Amtskollege ist, ist eher selten, aber in diesem Fall eine echte Win-Win-Situation

Von Regina Bluhme, Berglern

Fürs Gespräch per Video hat Berglerns Bürgermeister Anton Scherer einen malerischen Bildschirmhintergrund gewählt: Hinter grünem Blattwerk leuchtet die Kirche St. Peter und Paul in der Sommersonne. Aber sitzt Scherer an diesem Januartag nun im Büro der Verwaltungsgemeinschaft oder im Erdinger Rathaus? Die Frage ist durchaus berechtigt, denn der 41-Jährige ist sowohl Bürgermeister seiner Gemeinde als auch Leiter der Bauverwaltung der Großen Kreisstadt. Eine eher seltene Kombination: Oberbürgermeister Max Gotz hat einen Bürgermeisterkollegen im Mitarbeiterstab - und welche Gemeinde hat einen Rathauschef, der Baurecht sein Hobby nennt?

Immer wieder ist Anton Scherers Expertise in Stadtratssitzungen der Großen Kreisstadt gefragt. Der studierte Diplomverwaltungswirt war nach seinen Anfängen bei der Stadt "recht zügig", wie er sagt, in die Bauverwaltung gekommen, zunächst als stellvertretender Leiter, dann ab 2011 als Leiter. Die ursprüngliche Mitarbeiteranzahl der Abteilung hat sich inzwischen - auch weil Erding Große Kreisstadt wurde und neue Zuständigkeiten erhielt - fast verdreifacht. Zudem ist er als Dozent für Baurecht an der Bayerischen Verwaltungsschule tätig, "meine Passion", wie er zugibt. Ja, Baurecht sei sein Hobby. Weil es ein " lebendiges Recht" sei mit Ermessensspielraum, "das macht es spannend".

Seit 2014 saß Anton Scherer, verheiratet und Vater einer sechsjährigen Tochter, im Berglerner Gemeinderat für die unabhängige Gruppierung Berglerner Bürgerliste. Seine Kandidatur 2020 fürs Bürgermeisteramt der 3000-Seelen-Gemeinde habe sich "so ergeben". Sicher war ein Sieg nicht. Er musste gegen den bisherigen Amtsinhaber Simon Oberhofer antreten, der bei den Freien Wählern nicht mehr nominiert worden war und mit neuer eigener Liste antrat. Scherers Devise: "Wir probieren es und dann schauen wir". Dass er gleich mit 72,9 Prozent gewonnen hat, das habe ihn schon "sehr überrascht".

Vom Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz (CSU), ein Politprofi mit jahrzehntelanger Erfahrung, schaue er sich schon hin und wieder was ab, das wolle er nicht leugnen. So hatte er schon vor Amtsantritt einen gewissen Einblick, wie es organisatorisch in einem Rathaus laufen könne, und Gotz habe immer ein offenes Ohr für Fragen. Für Scherer sind Gotz und auch Johann Wiesmaier, Bürgermeister von Fraunberg und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags, durchaus Vorbilder. "Ich bin dankbar für ihre Tipps, das weiß ich absolut zu schätzen".

Seit seiner Wahl zum Berglerner Bürgermeister hat er seine Arbeitszeit im Erdinger Rathaus auf die Hälfte reduziert. Die andere Hälfte widmet er seinem Heimatort. Es gibt viel zu tun. Manchmal so viel, dass es schon zu überlegen wäre, die Aufgabe hauptberuflich zu gestalten, so Scherer. Aus dem Gemeinderat habe er schon "gewisse Signale" erhalten. Berglern hat sich mit Wartenberg und Langenpreising zur Verwaltungsgemeinschaft zusammengetan. Scherer ist von den drei Bürgermeistern der einzige im Ehrenamt.

Eines der größten Projekte, die Ansiedlung eines Nahversorgers, ist seit vergangenem Jahr unter Dach und Fach. 1200 Quadratmeter wird Rewe 2023 in einem Neubau belegen. In dem neuen zweistöckigen Gebäude plus Staffelgeschoss wird es zudem einen Bargeldautomaten, eine Apotheke, einen Backshop mit Sitzmöglichkeit und eine Packstation geben. Außerdem wird eine barrierefreie öffentliche Toilette eingebaut, Platz wird noch für Büros sein und - wenn es nach Scherer geht - wäre ein Friseur willkommen. Dass es endlich mit dem Nahversorger geklappt hat, "das haben wir im Gemeinderat alle miteinander geschafft". Dieser Satz ist Anton Scherer wichtig. Er sei sehr froh, dass in dem Gremium kein Parteiengeplänkel, sondern ein gutes Miteinander herrsche.

Noch heuer wird ein kommunal-gefördertes Sechs-Familien-Haus fertiggestellt werden. Das nächste große Projekt ist der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses. Über die Zukunft des Kratzerwirts war sich der Gemeinderat nicht ganz einig. Es wurde beschlossen, für den Verkauf des Einzeldenkmals ein Fachbüro einzuschalten. Ein weiteres Thema ist der geplante Hochwasserschutz entlang der Sempt im Stadtgebiet von Erding. Es müsse gewährleistet sein, dass die nördlich gelegenen Gemeinden nicht schlechter gestellt werden, betont Scherer. Zusammen mit seinem Kollegen Reinhard Huber (Ortsliste Reisen) aus Eitting hat er sich bereits mehrfach mit OB Gotz und Vertretern des Wasserwirtschaftsamts getroffen. "Wir fühlen uns immer gut informiert", betont Scherer. Gleichwohl werde Berglern im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens auf ein hydraulisches Gutachten setzen.

Jede Menge Arbeit wartet also auf Anton Scherer. Zum Fußball kommt der frühere Spielführer der ersten Mannschaft und Jugendtrainer des SV Eintracht kaum mehr. Schreibtischarbeit ist angesagt. An diesem Januartag übrigens in den Räumen der Verwaltungsgemeinschaft.

© SZ vom 29.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: