Beim "Hirtentrunk" am Sonntag:Herderhaus wird aufgepeppt

Herderhaus

Die älteste Aufnahme im Archiv des Museums Erding ist mit 1891 datiert. Deutlich zu erkennen ist in der Mitte des Bildes der etwas schiefe, aus Brettern zusammengezimmerte Brunnenkasten.

(Foto: Museum Erding Bildarchiv/OH)

Kreisverein für Denkmalpflege stellt die Nachbildung einer Brunnenkonstruktion auf

Von Florian Tempel, Erding

Das Herderhaus im Lindenhain in Bergham ist fraglos ein historisches Kleinod. In der Kurzbeschreibung der Liste der Baudenkmäler in Erding heißt es zwar schon fast lieblos nüchtern, es handle sich um einen "altertümlichen erdgeschossigen Blockbau mit hohem strohgedecktem Walmdach aus der Mitte des 17. Jahrhunderts." Doch mit einem Baujahr um 1650 ist das Herderhaus nicht weniger, als eines der ältesten ländlichen Wohnhäuser Bayerns. Noch dazu steht es seit seiner Erbauung am selben Platz und war wohl 400 Jahre durchgehend bewohnt. Der letzte Hirte lebte bis 1952 in dem Häuschen, bevor er in ein Altenheim umzog, wo er 1967 starb.

Das Innere des Hauses ist durch einen Flur, den Flez, in zwei Teile unterteilt. Links liegt die Stube, die Küche und die Kammer für die Kinder. Auf der rechten Seite liegt ein kleiner Schafstall für das halbe Dutzend Schafe, die dem Herder selbst gehörten. An der Nord-Westecke befindet sich die größere Kammer für ihn und seine Frau. Im Obergeschoß wurde das Heu gelagert. Alles ist sehr einfach, wenig komfortabel und natürlich gab es kein fließendes Wasser. Der Brunnen war aber direkt vor dem Haus. Noch heute steht an der Stelle ein Brunnenkasten, der Brunnenschacht ist verschlossen.

Am Sonntagnachmittag wird das Herderhaus mit einer Nachbildung eines "Stangenbrunnens" nun etwas aufgepeppt. Sandra Angermaier, die Geschäftsführerin des Kreisvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege, hat sich das ausgedacht. Den Stangenbrunnen, den Angermaier von Werner Zollner aus Eitting nachbauen ließ, ist ein einfaches und zweckmäßiges Ding: In einer senkrecht stehenden, dicken Astgabel ist eine lange Holzstange an einer Achse eingehängt. Unter Ausnutzung der Hebelwirkung ließ sich so kübelweise Wasser mit geringer Kraftanstrengung aus dem wohl nicht sehr tiefen Brunnen schöpfen. Man bringt dies Art von Brunnen vor allem mit der ungarischen Puszta in Verbindung. Angermaier versichert jedoch in ihrer Pressemitteilung, dass diese Konstruktion früher auch hierzulande üblich war. Es sei nichts weniger als "mit Sicherheit davon auszugehen, dass das Herderhaus zunächst einen derartigen Stangenbrunnen hatte, bis dieser dann durch einen moderneren Brunnen ersetzt wurde."

Das sind selbstbewusste Behauptungen. Das Wort Stangenbrunnen ist bildlich und griffig, aber man findet es nirgends als Fachbegriff. Angermaier verzichtet überhaupt darauf, Belege anzugeben. Es existieren aber keine Hinweise darauf, dass so eine Konstruktion einst wirklich vor dem Herderhaus stand. Ganz im Gegenteil weist Angermaier selbst daraufhin, dass es in keinem einzigen bayerischen Freilicht- und Bauernhausmuseen eine solche Brunnenanlagen gibt. Ihre Erklärung dafür ist, dass die früher überall anzutreffenden "Stangenbrunnen im 19. Jahrhundert abgebaut und durch Ziehbrunnen mit Ziehseil" ersetzt worden seien. Angermaier schöpft aus dem Fehlen noch erhaltener Vorbilder sogar besondere Begeisterung für ihre Nachbildung: "Er könnte in Zukunft als Musterbeispiel eines Stangenbrunnes für ganz Altbayern inklusive dem Salzburger Land dienen."

Am Sonntagnachmittag wird die auf alle Fälle interessante Konstruktion aufgebaut, als Hauptattraktion des "Hirtentrunks beim Herderhaus" von 15 bis 17 Uhr. Es gibt zudem Taschenlampenführungen durchs Herderhaus, ein paar Schafe "beleben das Gelände" und es gibt von wem auch immer "selbstgemachte Produkte rund ums Hausschaf" käuflich zu erwerben.

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