Bauvorhaben in Erding:Einfach, raffiniert, überzeugend

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Architekt Heinz Walbrunn und die Landschaftsarchitektin Rita Lex-Kerfers gewinnen den Wettbewerb für ein städtisches Kunst-und Begegnungshaus neben dem Museum Franz Xaver Stahl

Von Florian Tempel, Erding

Erding baut sich ein städtisches "Kunst- und Begegnungshaus", als Anbau gleich neben dem Museum Franz Xaver Stahl. Dabei kann man eines gar nicht genug betonen: Das wird keine Erweiterung des Museums, das dem NSDAP-Mitglied Franz Xaver Stahl gewidmet ist, sondern eine eigenständige Einrichtung. Das neue Gebäude, das der Bockhorner Architekt Heinz Walbrunn entworfen hat, ist im Wesentlichen ein großer, heller Raum, der gleichermaßen für Ausstellungen, Vorträge, Workshops oder andere kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann, wobei nach Bedarf und Wetterlage auch der schöne große Garten des Stahlschen Anwesens zur Verfügung steht. Im Untergeschoss unter dem großen rechteckigen Raum wird ein geräumiges Depot eingerichtet, in dem Kunstwerke, für die die Stadt Erding die Verantwortung trägt, unter vernünftigen Umständen gelagert werden können.

Für das Kunst- und Begegnungshaus hat die Stadt einen Architektenwettbewerb veranstaltet, zu dem 15 Büros aus Deutschland, Österreich und Italien eingeladen waren. 13 Büros gaben Entwürfe ab. Vor zehn Tage prämierte ein mit neun Architekten und acht Kommunalpolitikern besetztes Preisgericht die besten Entwürfe. Die eingereichten Pläne lagen strikt anonymisiert vor. Am Ende gewann das mit Erding am stärksten verbundene Planer-Team. Neben Architekt Heinz Walbrunn zeichnete das Büro der Bockhorner Landschaftsarchitektin Rita Lex-Kerfers für den Siegerentwurf mitverantwortlich.

Der Neubau ist, vom Garten aus gesehen ein offener, transparenter Raum. Zeichnung: Heinz Walbrunn (Foto: N/A)

Walbrunn hat in Erding schon mehrere öffentliche Gebäude konzipiert. Der Neubau des Museums Erding und das neue Rathaus sind von ihm. Beim Architekturwettbewerb für das Kunst- und Begegnungshaus hatten er und Lex-Kerfers einen vielleicht entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Vor fünf Jahren hatten sie zusammen das große Autoparkplatzareal zwischen der Landshuter Straße und der Straße Am Mühlgraben städtebaulich neu geplant. Auf den dabei gewonnenen Erkenntnissen konnten sie nun aufbauen. Gleichwohl gehört bei einem Wettbewerb neben guten und funktionierenden Ideen auch immer die nötige Portion Glück dazu, räumt auch Heinz Walbrunn ein.

Sein Entwurf ist aus mehreren Gründen überzeugend. Zum einen hat er ein relativ einfaches Gebäude entworfen. Es ist ein großer rechteckiger Raum, der sich in allerdings raffinierter Weise an das Bestandsgebäude anschließt. Walbrunn lässt einen etwa ein Meter breite Glasfuge, die den Übergang zwischen dem Stahl-Haus und dem Neubau gleichzeitig schließt und optisch offen lässt. Wenn man im Neubauraum steht, wird man die Fassade des Biedermeierhauses sehen. Die Glasfuge ist ein Idee, die Walbrunn bereits beim Museum Erding angewandt hat, wo er auf dieselbe Weise ein neues Gebäude an ein bestehendes Haus angeschlossen hat.

Wenn man im Neubauraum steht, wird man die Fassade des Biedermeierhauses sehen, wo das Museum Franz Xaver Stahl untergebracht ist. Zeichnung: Heinz Walbrunn (Foto: Zeichung: Karl Heinz Walbrunn)

Die Südseite des Neubaus hat keine echten Fenster, sondern "Unterlichte", wie es Walbrunn nennt, eine nur kniehohe gläserne Linie. Das gibt etwas Licht, aber keine direkte Sonneneinstrahlung und schützt vor Blicken von außen. Von innen könne man aber durchaus ein bisschen nach draußen sehen, versichert Wallbrunn. Der Raum wird in jedem Fall hell und klar, denn die gesamte Nordseite wird transparent. Zum Garten hin öffnet sich der große Raum. Für den Übergang nach draußen gibt es ein weites Vordach. Die wenigen notwendigen Nebenräume im Erdgeschoss liegen im Westteil des Neubaus.

Ins Kunstdepot im Keller führt eine Treppe und ein Lastenaufzug. Das Untergeschoss ist ein unspektakulärer Nutzraum, in dem es vor allem um eine gute Klimatisierung geht, nicht zu feucht, nicht zu trocken, damit Gemälde und andere Kunstwerke, die im Besitz der Stadt sind, aber nicht dauerhaft ausgestellt werden, gut gelagert werden. Neben der Gestaltung des Neubaugebäudes gefiel der Jury auch die äußere Konzeption der Freiraumgestaltung vom Eingang bis hin zum Umgang mit dem Gartenareal. Oberbürgermeister Max Gotz möchte das Kunst- und Begegnungshaus nun zügig realisieren. Ende 2024 soll es eröffnet werden.

© SZ vom 09.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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