Süddeutsche Zeitung

Baubranche Erding:Boom mit Schattenseiten

Aufschwung in Erdings Baubranche: In der Stadt und im Landkreis erfreuen sich vor allem private Bauvorhaben wachsender Beliebtheit. Doch die größere Nachfrage hat einen bitteren Beigeschmack: die Preise steigen.

Carolin Hermeling

Die Baubranche boomt. Viele Firmen sind schon ein halbes Jahr im voraus ausgebucht, können keine oder nur kleine Aufträge annehmen. Privat und öffentlich wird in der Stadt und im Landkreis mehr gebaut als noch in den vergangenen Jahren. Die Baufirmen sind sich einig: Neben dem Aufschwung nach der Krise im Jahr 2009, seien die neuen Finanzierungsmöglichkeiten durch das Konjunkturpaket II auch ein Grund für die vielen aktuellen Investitionen in öffentliche Bauvorhaben. Neben dem Anstieg der Bautätigkeit im öffentlichen, erlebt auch der Bereich privater Bauvorhaben einen deutlichen Aufschwung.

Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger sieht einen deutlichen Trend: "Besonders im privaten Bereich erkenne ich, dass immer lieber in feste Werte investiert wird." Auch Stefan Kräutler, Geschäftsführer der Baufirma Zeiler bestätigt diese Stimmung: "Die Leute haben wahrscheinlich Angst, dass der Euro nicht mehr so viel wert ist und investieren deshalb eher in Realwerte." Unter Zeitdruck stehen die Baufirmen zusätzlich, da sämtliche, über das Konjunkturpaket mitfinanzierte Projekte bis Ende 2011 abgerechnet sein müssen.

Im Gegenzug wurden jedoch auch die Investitionen und Auftragsabwicklungen durch das Konjunkturpaket beschleunigt. Michael Westermaier, Inhaber der gleichnamigen Erdinger Baufirma, bestätigt: "Ja, die Aufträge werden schneller vergeben. Ich denke, wir alle profitieren von den vollen Auftragsbüchern." Seine Firma sei zuständig für den energetischen Umbau der Grundschule in Moosinning, die laut Westermaier rechtzeitig fertiggestellt und abgerechnet werden könne. In Erding selbst gibt es keine Projekte, die vom Konjunkturpaket einbezogen werden. So bestätigt dies auch Rudolf Waxenberger: "Wir sitzen in Speckgürtel von München. Da es Erding finanziell sehr gut geht, wurden die beworbenen Projekte nicht mit in das Finanzierungspaket aufgenommen."

Im Landkreis zeigt sich jedoch ein anderes Bild. 10,8 Millionen Euro sollen aus dem Topf des Konjunkturpaketes in energetische Sanierungs- und Umbauarbeiten öffentlicher Gebäude gesteckt werden. "Es gibt im Moment eine größere Bereitschaft, die öffentlichen Gebäude zu sanieren - sicher auch durch das Konjunkturpaket. Durch energetische Sanierungen kann die Energiebilanz des Altbestandes deutlich verbessert werden", erklärt Harald Irl, Geschäftsführer der Baufirma Josef Irl.

Die so rege Bautätigkeit birgt jedoch auch Probleme - für die Stadt und auch für die Baufirmen. Zum einen ist das Ungleichgewicht von Nachfrage und Angebot ein Grund für steigende Preise. Außerdem wird dem Wettbewerb in der Branche keine Rechnung getragen. Aufträge bekommt der, der Zeit hat. So lautet die Devise der Branche. "Für einige Projekte werden sogar kaum Angebote seitens der Baufirmen für die öffentliche Hand abgegeben", sagt Waxenberger. Umkämpfte Aufträge gibt es nicht, also werden auch Preise nach den eigenen Standards festgelegt. So zumindest in der Theorie. Die Baufirmen selbst sehen die Preissituation anders: "Als stark würde ich den Preisanstieg nicht bezeichnen. Auf dem überregionalen Markt gibt es viele Konkurrenzanbieter, auch aus dem Ausland, die zu den günstigeren Preisen arbeiten", stellt Waxenberger fest.

Ein weiteres Problem, das durch die extreme Auslastung der Baufirmen entsteht, ist die Personalfrage. In der Tat stocken Firmen momentan ihr Personal auf. Besonders Subunternehmer werden eingekauft, um die massig vorhandene Arbeit bewältigen zu können. "Lange wird es so aber nicht weitergehen", beschreibt Bauunternehmer Kräutler die Aussichten. "Der Aufschwung wird gedämpft werden. Schon in einiger Zeit werden Angebot und Nachfrage wieder die ursprüngliche Situation einnehmen." Ewig könne es nicht so weitergehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1124229
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.07.2011/benK
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.