Landkreis Erding:Baubranche spürt Unsicherheit bei Kunden

Landkreis Erding: Der Anteil von Geschossbau, wie bei der Häuserschlange am Poststadl in Erding, steigt. Es wird aber noch mehr Wohnraum benötigt.

Der Anteil von Geschossbau, wie bei der Häuserschlange am Poststadl in Erding, steigt. Es wird aber noch mehr Wohnraum benötigt.

(Foto: Renate Schmidt)

Angesichts stark gestiegener Baupreise und Kreditzinsen wagen immer weniger Menschen den Schritt zur eigenen Immobilie oder legen ihr Projekt erstmal auf Eis. Im Landkreis ging 2022 die Zahl der Bauanträge deutlich zurück.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Es werden dringend mehr Wohnungen gebraucht - darin sind sich eigentlich alle einig. Doch angesichts stark gestiegener Baupreise und Kreditzinsen auf dem Immobilienmarkt sowie der Rückführung der Neubauförderung des Bundes wagen immer weniger Menschen den Schritt zur eigenen Immobilie oder legen ihr Projekt erstmal auf Eis. Das merken auch die Bauunternehmen im Landkreis. Noch sind ihre Auftragsbücher gut gefüllt, sie arbeiten die Baugenehmigungen der Vorjahre ab, aber die Nachfrage hat im Vergleich dazu nachgelassen.

Die wachsende Kluft zwischen Baugenehmigungs- und Baufertigstellungszahlen ist im Wesentlichen auf lange Bauzeiten zurückzuführen. Grund dafür ist die zunehmende Zahl an Baugenehmigungen insgesamt und der steigende Anteil des Geschosswohnungsbaus in den vergangenen Jahren, so dass mehr Bauvorhaben längere Bauzeiten haben als in früheren Jahren, in denen der Einfamilienhausbau stärker vertreten war. Auch Lieferengpässe bei vielen Roh- und Baustoffen spielen eine Rolle.

2022 wurden in der Großen Kreisstadt Erding 109 Bauanträge genehmigt

Das kann man auch an den Zahlen der Großen Kreisstadt Erding erkennen, wo derzeit einige Geschosswohnungsbauten entstehen: 2019, im Jahr vor der Corona-Pandemie, wurden vom Bauamt 69 Bauanträge genehmigt, drei abgelehnt und 115 waren noch offen. Im vergangenen Jahr gab es - nach 76 im Jahr 2020 und 98 im Jahr darauf - 109 genehmigte Anträge, 74 waren noch offen.

Im restlichen Landkreis, wo mehr Einfamilienhausbau vorherrscht, sieht es etwas anders aus. 2020 wurden dort 1018 Bauanträge gestellt, ein Jahr später waren es nur noch 991 und im vergangenen Jahr 843, wie das Landratsamt mitteilt. Bei den Wohnbauvorhaben ist der Rückgang ähnlich: 509 im Jahr 2021, 518 das Jahr darauf und 430 im Jahr 2022.

Landkreis Erding: In der Fläche im Landkreis werden eher Einfamilien- oder Doppelhäuser gebaut.

In der Fläche im Landkreis werden eher Einfamilien- oder Doppelhäuser gebaut.

(Foto: Mia Bucher/dpa)

"Die Anfragen sind stark rückläufig aufgrund der herrschenden Unsicherheit", sagt Markus Maier, Geschäftsführer des Bauunternehmens Maier Bau in Dorfen. Die Anfragen, die dennoch hereinkommen, teilten sich in zwei Lager. "Zum einen Bauherren, die weniger stark auf Finanzierungen angewiesen sind, und dann diejenigen, bei denen der Neubau aus persönlichen Gründen notwendig ist." Bei Letzteren werde versucht, den Umfang des Bauprojektes soweit zu reduzieren, bis es finanziell irgendwie klappe. Der Rest der Interessenten befindet sich nach Meinung des Geschäftsführers "seit fast einem Jahr in Schockstarre und hofft auf einen Rückgang von Zinsen und Baukosten, der aber wohl nicht kommen wird", sagt Maier.

Robert Decker, Geschäftsführer der Robert Decker Immobilien in Dorfen, hat bis zum Winter eine Beruhigung des Geschäfts festgestellt, jetzt habe man aber eine richtige "Frühjahrsbelebung". Es gehe wieder aufwärts, wobei man bei Decker Immobilien verkauft, projektiert und baut. Im Bausektor erlebe er vor allem im Ziegelmassivbau eine Beruhigung, der Holzbau sei aber nicht so sehr davon betroffen, es gebe eine Verlagerung in Richtung Holzbau.

Das Bauvolumen gehe aber insgesamt zurück, sagt Decker. Viele Objekte würden im Augenblick storniert oder zurückgestellt, weil für die Endverbraucher die Kosten unüberschaubar seien, die Finanzierungszinsen zu hoch. Dies schlage sich laut Decker natürlich bei den einzelnen Handwerkern mal mehr oder weniger durch. "Insgesamt kann man aber sagen, dass es einen Verzögerungseffekt gibt. Es werden weniger Neubauten begonnen. Die Kollegen im Ausbaugewerk sind derzeit im Endausbau, was letztes oder vorletztes Jahr begonnen wurde. Die merken alles erst mit Zeitverzögerung", sagt der Geschäftsführer.

"Bei Erstellen eines Angebotes zuckt man förmlich zusammen, wenn man auf die Endsumme schaut."

Bei der Josef Irl Bauunternehmung in Erding spürt man die abwartende Haltung der Kunden nicht so ausgeprägt. Das Unternehmen habe sich im Bereich der Bausanierung spezialisiert, aber man übernehme auch Aufträge im Rohbausektor. "Hier muss man tatsächlich sagen, dass die Anfragen extrem zurück gegangen sind", sagt Geschäftsführer Harald Irl. Momentan sei es so, "dass man förmlich bei Erstellen eines Angebotes zusammenzuckt, wenn man auf die Endsumme schaut". Leider bedeute das aber nicht für Unternehmer, dass damit die Gewinne explodieren, da im Baugewerbe die Baustoffe einfach noch viel zu teuer seien. Seiner Meinung nach, "sind hier viele industrielle Hersteller auf einen Zug aufgesprungen, dessen Fahrtrichtung gut gepasst hat. Endlich Preise in eine Höhe zu bringen, die bei halbierten Aufträgen doppelt soviel Gewinn einbringen".

Josef Käsmaier vom Jakob Käsmaier Bauunternehmen in Fraunberg sieht die Lage noch "einigermaßen stabil", aber auch er merkt, dass die Anfragen weniger werden. "Etwas ruhiger" sei es geworden, aber wenn er dieses Jahr mit den vergangenen vergleiche, dann habe man noch in etwa gleich viel zu tun.

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