Europäisches Förderprogramm:Dorfener Bahnhof wird EU-Forschungsprojekt

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Wenn der Ausbau der Bahnlinie kommt, hat auch der alte Bahnhof ausgedient. (Foto: Renate Schmidt)

Neben Mailand und Toulouse steht auch Dorfen bei einem von der EU geförderten Projekt im Fokus. 30 Studierende werden sich im September mit den Planungen beschäftigen und sie weiter entwickeln.

Von Thomas Daller, Dorfen

Das von der EU geförderte Rail4Cities-Projekt zielt darauf ab, ein neues Modell für Bahnhöfe als Treiber von Nachhaltigkeit in Städten zu entwickeln. Der erste Modellentwurf wurde bereits in einem internationalen Konsortium erarbeitet und wird derzeit in sogenannten Reallaboren an Bahnhöfen in fünf europäischen Ländern mit Daten aus der Praxis angereichert. Dorfen mit seiner regionalen Zubringerstrecke in der Metropolregion München wurde stellvertretend für kleinere Bahnhöfe in Europa ausgewählt.

In einer „Summer School“ werden 30 Studierende der TUM aus den Master-Studiengängen Architektur, Urbanistik, Landschaftsarchitektur, Umweltingenieurwesen, Transportation Systems und Bauingenieurwesen vom 16. bis 27. September in Dorfen sein. Die Ergebnisse werden bei einer Präsentation am 27. September vorgestellt.

Beim Dorfener Bahnhof denkt man nicht unbedingt an Innovation, sondern eher an Dornröschenschlaf. Seit der Amtszeit von Bundeskanzler Konrad Adenauer wurde der zweigleisige Ausbau der Bahnlinie mit Elektrifizierung versprochen, aber bis heute verschoben. Das alte Bahnhofsgebäude ist heruntergerockt, bis vor wenigen Jahren wurden die Stellwerke an den Bahnübergängen noch manuell mit Seilzügen, Kurbeln und Hebeln bedient – eine Bahnstrecke wie aus dem Museum.

Der neue Bahnhof ist als Billiglösung konzipiert

Obwohl die Bahn mit ihren ewigen Verzögerungen Glaubwürdigkeit verspielt hat, geht man in Dorfen davon aus, dass es nun vorwärtsgeht. Im Sommer 2025 ist die Planfeststellung für den Ausbau der Bahnstrecke geplant. Dabei soll auch der Bahnhof 400 Meter weiter östlich verlegt werden, weil die B15 untertunnelt wird und die Züge erst dort aus der Senke herausfahren können. Der dortige neue Bahnhof ist allerdings als Billiglösung konzipiert: Ein Glasdach als Wetterschutz, ein Ticketautomat, das ist alles.

Der künftige Bahnhof liegt am Stadtrand, während die bisherigen Rad- und Fußwege am alten enden, auch der südlich der Bahnlinie entstehende neue Stadtteil Orlfing ist nur unwegsam angebunden, aus Sicht der Dorfener ist auch die Erschließung nicht vorteilhaft. Vielleicht war diese Flickschusterei ein Grund, dass Dorfen in dieses Forschungsprojekt aufgenommen wurde. Zumindest ist da noch viel Luft nach oben.

Beim Rail4Cities-Projekt hat jedes Reallabor einen anderen Fokus: in Toulouse geht es um aktive Mobilität, in Mailand hingegen um Energie und Kreislaufwirtschaft. Der Schwerpunkt der Summer School in Dorfen liegt auf der „am ÖPNV und an Erreichbarkeit ausgerichteten Stadtentwicklung und städtebaulichen Transformation“. Klingt ganz nach dem Manko von Stadtrand und Orlfing.

Kein akademisches Sandkastenspielchen

Auch Professor Spyros Koulouris, Professur für Urban Design an der TUM, der die Summer School in Dorfen organisiert, spricht von „Erreichbarkeitsknoten“, an denen man arbeiten werde. Dabei hat er auch die Geh- und Radwege im Sinn, die am alten Bahnhof enden. Zudem sollen in das Konzept „grün-blaue Infrastrukturen“ eingebettet werden, das sind strukturreich gestaltete Grünräume, die auch als Regenwasserspeicher dienen können.

Das Projekt soll kein akademisches Sandkastenspielchen werden, sondern konkrete Vorschläge für eine Verbesserung der Pläne entwickeln. Dafür spricht auch, dass die Summer School kein abstraktes Uni-Projekt ist, sondern in Kooperation mit den maßgeblichen Beteiligten stattfindet: Sie umfasst das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, die Stadt Dorfen, die Deutsche Bahn (DB) und den Eigentümer des Areals südlich des Bahnhofs, Robert Decker.

Die daran beteiligten 30 Studierenden der TUM sollen die Bedürfnisse und Anforderungen vor Ort zuerst besser verstehen. Dazu werden sie in diesem Zeitraum relevante Orte in Dorfen – besonders in der Nähe des Bahnhofs – besichtigen, fotografisch aufzeichnen und durch Skizzen oder Zeichnungen mappen. Zudem werden sie Interviews führen und weitere Methoden wie Planspiele zur Beteiligung der Stadtgemeinschaft einsetzen.

Der Unternehmer Robert Decker agiert vielleicht nicht ganz uneigennützig. Seine Firmengruppe hat erst im Februar eine neue Produktionshalle in Orlfing eingeweiht. (Foto: Renate Schmidt)

Der Unternehmer Robert Decker, dem das Orlfing-Areal gehört, hat auch schon eine Idee für den neuen Bahnhof: Statt eines Glasdachs könnte man einen Bahnhof aus Holz bauen. Die Idee ist nicht ganz uneigennützig, da er in Orlfing einen Betrieb hat, der innovative Holzmodule für verschiedene Anwendungen im Baubereich entwickelt und herstellt.

Zur Präsentation der Ergebnisse der Summer School soll am 29. September auch die Dorfener Bevölkerung eingeladen werden. Die Ergebnisse können dann bis zum 8. Oktober im Foyer des Dorfener Rathauses besichtigt werden.

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