In der Kunstgeschichte werden Künstlerinnen und Künstler in der Regel einzeln betrachtet. Die Grundannahme dabei ist, dass Kunst-Schaffen ein höchst individueller Prozess ist. Doch der Mensch ist kein Solitär, sondern ein soziales Wesen. Und deshalb weiß auch die Kunstgeschichte von vielen kreativen Beziehungen und künstlerischen Kollaborationen, die für Künstlerfreunde und ihre Arbeiten von großer Bedeutung und Gewinn waren. Ganz genauso ist es auch bei Elisabeth Lex und Ruth Eschbaumer.
Die beiden kennen sich seit gut zwanzig Jahren. Die in Moosinning lebende Architektin Ruth Eschbaumer hat Elisabeth Lex als Dozentin in einem Malkurs an der Volkshochschule Erding kennengelernt. Seit Mitte der 1990er Jahre leitet Lex, die in Notzing lebt und dort auch ein Atelier hat, an der VHS künstlerische Workshops. Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben bei ihr viel übers Malen, über die verschiedensten Techniken und künstlerischen Herangehensweisen gelernt. Fünf Kurse sind es aktuell, alle sind – wie immer – voll ausgebucht.

Elisabeth Lex und Ruth Eschbaumer haben die initiale Dozentin-Kursteilnehmerin-Konstellation in eine tiefe Freundschaft verwandelt. Phasenweise habe sie sich jeden Mittwoch zu gemeinsamen Malabenden getroffen. Später begannen sie zusammen auf Reisen zu gehen. Der beständige Austausch und die Zusammenarbeit gehören fest zu ihrem Leben. Dass sie einmal eine gemeinsame Ausstellung machen würden, war eine ebenso naheliegende wie konsequente Idee.
„Die Arbeitstreffen waren von entscheidender Bedeutung für den Fortschritt unserer Ausstellung“, schreibt Elisabeth Lex in ihrer Ankündigung. „Bei diesen Begegnungen tauschten wir nicht nur Ideen aus, sondern entwickelten auch konkrete Pläne und Konzepte für die Umsetzung unserer Visionen. Diese Treffen waren ein Raum des kreativen Flusses, wo Gedanken und Inspirationen frei zirkulierten und die Grundlage für unsere künstlerischen Arbeiten legten.“


Der Reiz der sehr gelungenen Ausstellung ist ein mindestens doppeltes Vergnügen, weil eindrucksvoll erlebbar wird, wie die intensive und über Jahre vertiefte Künstlerinnenfreundschaft in den Arbeiten der zwei Frauen wirksam wird. Mal sind es Motive, die auf Reisen gemeinsam gewonnene Eindrücke widerspiegeln. Mal sind es Farben und Formen, die sie beim Einsatz neuer und oft haptisch interessanter Techniken entwickelt haben.
Spürbar ist die Künstlerinnenfreundschaft vor allem jedoch in einem unmittelbaren Ausdruck von Gemeinsamkeit, der sich begrifflich schwer ausformulieren lässt und fast schon paradox erscheint. Es ist zugleich verblüffend und einleuchtend, wie innerlich verbunden einzelne Arbeiten sind. Gerade Werke, die einzeln eine besonders starke Individualität ausstrahlen, finden ein ebenso individuelles Pendant.


„Der Titel ‚Spürbar anders‘ repräsentiert für uns auch den einzigartigen, individuellen künstlerischen Prozess, den wir durchlaufen haben“, schreibt Elisabeth Lex: „Er steht für das gemeinsame Erarbeiten des Konzeptes und die Entstehung eigener lebhafter Ideenwelten, die in unseren Malprozess eingeflossen sind.“
Das ist das Wunderbare an einer wahren Freundschaft: Sie fördert und erweitert die eigene Ausdrucksfähigkeit und Individualität.
Spürbar anders – Elisabeth Lex und Ruth Eschbaumer, bis Freitag, 2. Mai, täglich von 13 bis 18 Uhr, Frauenkircherl Erding.