Amtsgericht Erding:Geldstrafe wegen ausländerfeindlicher Sprüche

Amtsgericht Erding: Wenn viele Leute anstehen, die Zeit drängt und es stressig wird, fallen schon öfter mal weniger nette Worte in den Schlangen vor den Check-in-Schaltern. Vor Gericht landen die Streitigkeiten aber eher selten.

Wenn viele Leute anstehen, die Zeit drängt und es stressig wird, fallen schon öfter mal weniger nette Worte in den Schlangen vor den Check-in-Schaltern. Vor Gericht landen die Streitigkeiten aber eher selten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Angeklagter muss 3600 Euro zahlen, weil er am Münchner Flughafen einen anderen Fluggast beleidigt und körperlich attackiert hat.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Der Hinweis der Staatsanwältin für den 67-jährigen Angeklagten kam doppelt, einmal vor und einmal in ihrem Plädoyer, und er war deutlich: "Bei dem Thema kennt die Staatsanwaltschaft keinen Spaß. Ausländerfeindlichkeit geht gar nicht." Auch Amtsrichterin Michaela Wawerla sah das so und verurteilte den Mann wegen Beleidigung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a je 30 Euro. Der Angeklagte war vor ziemlich genau zwei Jahren an einem Check in-Schalter am Münchner Flughafen in Streit mit einem anderen Fluggast geraten. Dem folgten Beleidigungen über dessen Herkunft und ein Schlag in den Rücken. Selbst die dazugekommenen Polizeibeamten hatten Schwierigkeiten, weitere ausländerfeindliche Sprüche des Angeklagten zu stoppen, wie einer der beiden beteiligten Bundespolizisten vor dem Amtsgericht Erding aussagte.

Dem Rentner sind Gerichtsverhandlungen an sich nicht unbekannt

Der Weg bis zum Urteil am Freitag war lang. Immer wieder hatte der Angeklagte Verhandlungen platzen lassen. Mal entschuldigte er sich sehr kurzfristig, mal kam er einfach nicht - und alle Prozessbeteiligten hatten sich umsonst Zeit genommen. Letztlich reichte es der Amtsrichterin und sie erließ einen Haftbefehl, um den 67-Jährigen zu zwingen, sich der Anklage zu stellen. Dabei sind dem Rentner laut Bundeszentralstrafregister Gerichtsverhandlungen nicht unbekannt. Acht Einträge zählte Wawerla auf: darunter sehr häufig Fahren ohne Fahrerlaubnis, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, aber auch Betrug und einmal Beleidigung, wenn diese auch schon ein paar Jahre her war. Sie wurde dennoch für die aktuelle Anklage relevant. Wegen des einen oder anderen Delikts hatte der 67-Jährige sogar schon eine Freiheitsstrafe erhalten, allerdings ausgesetzt zur Bewährung.

Im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft war dem Mann zur Last gelegt worden, dass er am Münchner Flughafen am 4. September 2020 an einem Check-in-Schalter einen anderen Fluggast unter anderem mit den Worten, er solle weiter Döner fressen und schauen, dass er in seine Heimatland verschwinde, beleidigt habe. Dazu soll er dem vor ihm in der Schlange stehenden Kontrahenten seine Faust in den Rücken geschlagen haben, was den Tatbestand der vorsätzlichen körperlichen Misshandlung erfüllt.

Der Polizist schilderte den Angeklagten als "sehr wütend und aufgebracht"

Wie es genau abgelaufen ist, wurde letztlich vor Gericht nicht erläutert, da nach Verlesung des Strafbefehls der Anwalt des 67-Jährigen um ein Gespräch mit der Richterin und der Staatsanwältin bat. Das Ergebnis nach 15 Minuten: Wenn sich sein Mandant voll umfänglich geständig zeige, werde er nur eine Geldstrafe zwischen 100 und 140 Tagessätzen erhalten. Was der Mann auf Anraten seines Anwaltes dann auch tat, womit als Zeuge nur noch ein Polizist angehört wurde, der mit seinem Kollegen zu dem Vorfall hinzugerufen worden war. Und der schilderte den Angeklagten als "sehr wütend und aufgebracht", als man am Check in-Schalter angekommen sei. Die Stimmung sei aufgeheizt gewesen. Seine "rassistische Grundhaltung" sei immer wieder aus dem Angeklagten hervorgebrochen, sagte der Beamte. Man habe ihn mehrmals ermahnen müssen, dass er damit aufhören soll, was er "schnaubend zur Kenntnis" genommen habe - eindeutig widerwillig. Seine Frau habe ebenfalls versucht, ihn zu beruhigen.

Ruhe geben wollte der 67-Jährige auch vor Gericht nicht, doch sein Anwalt unterband mögliche Aussagen seines Mandanten. Nach seinem Plädoyer auf eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 Euro riet er dem Angeklagten deutlich, sich seinen Worten anzuschließen, zumal die Staatsanwältin zuvor erklärt hatte, dass die Aussagen des Bundespolzisten "Bände sprechen" über die Einstellung des Angeklagten zu Menschen mit Immigrationshintergrund. Und davon gebe es in Deutschland viele, sagte sie. Das Strafrecht sieht es unter anderem als Straftat, wenn man andere Personen wegen ihrer "nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Herkunft beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet". In diesen Fällen droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

"Sie können mit einer Beleidigung auch ins Gefängnis gehen", sagte die Amtsrichterin

"Sie können mit einer Beleidigung auch ins Gefängnis gehen", sagte deshalb die Amtsrichterin. Mit 120 Tagessätzen komme er noch gut davon. Es könne sein, dass es vorher zu einer Provokation gekommen sei, aber das rechtfertige nicht, ausfallend zu werden und auch keine ausländerfeindlichen Sprüche. Das werde von der deutschen Rechtsprechung nicht geduldet, sagte Wawerla. In Fall des Rentners wögen die Beleidigungen sogar schwerer als die begangene Körperverletzung. Komme es noch mal zu derartigen Aussagen, falle die nächste Strafe höher aus. Der Anwalt des 67-Jährigen hatte am Schluss noch eine Bitte an seinen Mandanten: "Sie sagen jetzt bitte nicht Auf Wiedersehen."

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