Au:Schmutziger Job

Au: Gärtner können sich nicht nur mit dem Schönen beschäftigen, sie müssen Dreck vertragen und belastbar sein, so Maria Sansoni.

Gärtner können sich nicht nur mit dem Schönen beschäftigen, sie müssen Dreck vertragen und belastbar sein, so Maria Sansoni.

(Foto: Marco Einfeldt)

Gärtner können sich nicht nur mit dem Schönen beschäftigen, sie müssen Dreck vertragen und belastbar sein. So wie Maria Sansoni, die neben dem anstrengenden Tagesgeschäft auch Bücher schreibt und im Fernsehen auftritt

Interview von Gudrun Regelein, Au

Der Händedruck zur Begrüßung ist kräftig. Dann bittet Maria Sansoni in ihr gemütlich eingerichtetes Büro in ihrem Wohnhaus. Dort leben auch ihre Söhne. "Allmählich wird es zu eng", meint die Gärtnerin. Die 58-Jährige ist nicht nur die Chefin der Spezialgärtnerei für Kübelpflanzen in Königsgütler bei Au. Vor ein paar Tagen war ein Fernsehteam von "Querbeet" da, kommende Woche fliegt sie nach Südafrika: 25 Gärten in neun Tagen stehen auf dem Programm. Wie sie das alles schafft? "Ich bin ein Sekundengeizling und wahrscheinlich sehr effizient", sagt Maria Sansoni. Im Gespräch mit der SZ Freising erzählt sie, wie sie sich entspannt - und weshalb die Gärtnerei sie zwar nicht reich, aber glücklich macht.

SZ: Braucht man, um Gärtner zu sein, ein besonderes Talent? Oder kann das jeder werden?

Maria Sansoni: Na ja, körperlich muss man schon ein bisschen belastbar sein. Für zierliche Menschen wird das sonst schwierig. Ansonsten ist der Beruf für alle offen.

Aber eine gewisse Naturverbundenheit ist schon Voraussetzung, oder?

In erster Linie braucht man eine Verträglichkeit für Dreck. Der Boden, die Erde sind die Grundlage - die Blüte, die Schönheit kommen erst später. Wer sich damit beschäftigen möchte, sollte Florist werden. Gärtner brauchen keinen weißen Kittel, das ist ein dreckiger Beruf. Aber eine Naturliebe sollte natürlich schon da sein.

Wie schaut Ihr perfekter Garten aus?

Da sehe ich den See meines Sohnes gleich hinter dem Wohnhaus vor mir, der einfach heiter und zauberhaft umpflanzt ist. Da gibt es beispielsweise einen Gräsergarten - oder auch den Garten der kleinen Hexe. Das ist die eine Variante. Und mein anderer Traumgarten ist im Fichtelgebirge. Ich habe dort ein Landhaus mit einem halben Hektar Grund. Dort wird nichts gemacht, nur ab und an Bäume gefällt oder die Wiese gemäht. Dort findet man eine extensive und wilde Natur. Beides liegt mir am Herzen.

Ist ein Garten, der ja immer auch Moden unterworfen ist, ein Spiegelbild der Gesellschaft?

Ein Garten ist vor allem immer auch eine Frage des Reichtums - und kann ein Ausdruck der Macht sein. Der Ursprungsgarten hatte einen reinen Nutzcharakter. Es wurde Gemüse angebaut und dann wurden Ringelblumen reingemischt. Ziergärten dagegen wollten schon immer ein Paradies sein. Der Garten Eden in der Bibel beispielsweise. Aber sicher spiegelt sich in einem Garten etwas wider: Die Deutschen bauen ihre beispielsweise super gründlich, da soll alles Hand und Fuß haben und ewig halten. In deutschen Gärten finden sich viele Mauern und Treppen. Und viel Sichtschutz.

"Die ganze Natur ist eine Melodie, in der eine tiefe Harmonie verborgen ist", sagte Johann Wolfgang Goethe. Ist das so?

Ganz bestimmt. Alleine die Farbe Grün beruhigt. Man will sich dort erden, das Verb ist sehr passend. Das Vögelzwitschern, das Rauschen von Wasser - das ist die Melodie des Lebens.

Verbirgt sich in einem Garten auch immer die Sehnsucht nach dem Perfekten?

Unser Bestreben ist, eine Idylle zu schaffen. Die Welt ist hektischer geworden - laut und schrill. Der Garten ist ohne Frage ein wichtiger Rückzugsort, der sicher manchem den Psychiater erspart. Aber wir brauchen nicht nur die Konzentration auf uns selber. Wir sollten uns von der Außenwelt und den Problemen, die es gibt, nicht vollkommen abschotten. Einen Teil unserer Energie sollten wir in die Zuwendung zu anderen Menschen stecken - beispielsweise in ehrenamtliches Engagement.

Menschen sind ihre Gärten also sehr wichtig - aber können Sie von Ihrer Gärtnerei auch leben?

Ich kämpfe - aber trotz aller Anstrengungen und trotz aller Events kann ich den Umsatz zwar halten, aber nicht erweitern. Man muss sich anstrengen, dann kann sie einen ernähren. Das Wichtigste aber für mich ist, dass mich der Gärtnerberuf zwar nicht reich, aber glücklich macht.

Wie behaupten Sie sich gegen die großen Gartencenter und gegen das Billigangebot der vielen Baumärkte?

Durch verschiedene Events, wie vor kurzem den Herbstzauber. Bei uns können aber auch Hochzeiten oder Geburtstage gefeiert werden. Dann haben wir uns nicht nur auf Kübelpflanzen spezialisiert, sondern haben seit einigen Jahren ein ausgewähltes Sortiment an winterharten Bäumen, Sträuchern und Stauden. Die Pflanzen bieten wir auch in einem Internetshop an. Um das Angebot rund zu machen, habe ich Bücher geschrieben, trete immer wieder im Fernsehen auf und veranstalte einmal im Jahr eine Gartenreise.

Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?

Ich habe viel Energie geschenkt bekommen. Und habe gute Helfer, ein gutes Team. Früher, als die Kinder noch kleiner waren, hatte ich eine Haushälterin. Vom Typus her bin ich wahrscheinlich eher eine Macherin. Und ich habe keinen Fernseher (lacht).

Daneben engagieren Sie sich auch noch ehrenamtlich - unter anderem sehr aktiv in der Kirche. Und Sie leiten den deutschen Zweig der Mediterranean Garden Society.

Die Kirche bedeutet für mich eine ganz andere Welt. Dort bekomme ich wieder meine Gedanken eingenordet. Ich weiß dann wieder, auf was es eigentlich ankommt. Ich bin jetzt Prädikantin, das heißt, dass ich eigene Predigten schreibe und das Abendmahl austeilen darf. In die Kirchenarbeit stecke ich viel Zeit. In der Mediterranean Garden Society bin ich seit 20 Jahren Mitglied. Seit 2005 mache ich bei den Reisen mit. In diesem Jahr geht es nach Südafrika. Kommendes Jahr geht es nach Portugal, diese Reise organisiere ich für die deutschen Gartenfreunde.

Frau Sansoni, wann und wie entspannen Sie?

Am liebsten abends in meinem Lehnstuhl. Ich gehe aber auch wahnsinnig gerne zu Elektrofestivals. Ich spiele Querflöte - auch wenn ich mich manchmal zum Üben zwingen muss. Und ich habe viele liebe Freunde. Bei den Treffen tanke ich Kraft.

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