Atomkompromiss:Stadtwerke unter Zugzwang

Der Berliner Atomkompromiss belastet die kommunalen Versorger. Die Stadtwerke rechnen mit sinkenden Einnahmen - in Erding sollen die Strompreise bis 2012 dennoch stabil bleiben.

Antonia Krach

Der Widerstand gegen die von der Bundesregierung geplante Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke ist groß: Nicht nur bei Umweltschützern und Atomkraftgegnern regt sich Widerspruch, auch viele Städte und Gemeinden bringt dieser Beschluss in Not, weil mit einem Absinken der Strompreise zu rechnen wäre. Die Stadtwerke Erding sind davon eigenen Aussagen zufolge vorläufig kaum betroffen, die Stadtwerke in Dorfen schon. Denn die kommunalen Energieversorger müssten sich in ihrer Preispolitik anpassen: Die Einnahmen würden sinken.

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Auch der Atommeiler in Ohu soll länger laufen, wogegen sich Freising ausgesprochen hat - aus Sicherheitsbedenken. Skeptisch aufgrund aus finanziellen Erwägungen sind kommunale Energieversorger.

(Foto: ddp)

Walter Huber, Geschäftsführer der Stadtwerke Erding, sagt, er könne den Erdingern für die nächste Zeit die Angst vor finanziellen Mehrkosten nehmen. "Wir haben bereits feste Verträge bis in das Jahr 2012. Damit können wir, falls sich die staatlichen Subventionen nicht ändern, den Preis einigermaßen halten. " Hinzu komme, dass die Stadtwerke Erding als reiner Weiterverteiler beziehungsweise Endnetzvertreiber weder Vor- noch Nachteile aus der derzeitigen Situation ziehe. Dies sei so, weil die Stadtwerke den Strom aus einem Pool beziehe, für den die Preise festgelegt seien, so der Geschäftsführer. In diesen Pool laufen sowohl der Atomstrom als auch der so genannte grüne Strom aus erneuerbaren Energien. Nach Vertragsende sind aber Hubers Worten zufolge Händler in ganz Deutschland von den Problemen eines Erzeugermonopols betroffen.

Sein Kollege Karl-Heinz Figl, Geschäftsführer der Stadtwerke in Dorfen, bewertet die Laufzeitverlängerung deutlich negativer: Für ihn ist dieser Kompromiss eine massive Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil seiner Gemeinde. Vorteile hätten vor allem die großen Erzeuger. Das sind seiner Meinung nach vier Konzerne, die über derzeit achtzig Prozent des Marktanteile verfügen.

Durch diese Übermacht könnten sie Markt und Preise kontrollieren, was sich auch auf Taufkirchen negativ auswirken würde. "Die Kraftwerke sind in den meisten Fällen bereits abbezahlt. Dadurch sind die Betreiber nicht mehr so stark an einen Preis gebunden und können den Strom günstiger anbieten. Damit können sie den Markt bestimmen, und wir müssen preislich nachziehen", sagt Figl.

"Zu jedem Regierungswechsel ein neues Konzept"

Diese Meinung teilt auch die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth. Sie sagte der Passauer Neuen Presse, dass sie in dem neuen Konzept der Bundesregierung nur für die großen Versorger Wettbewerbsvorteile sehe. Figl spricht sich daher ganz klar gegen den Beschluss der Bundesregierung aus: "Ich persönlich finde das nicht richtig." Die Laufzeitverlängerung ginge nicht nur zu Lasten der Gemeinden mit Stadtwerken, sondern auch zu Lasten der Erzeuger erneuerbarer Energien. Huber stimmt zu: "Durch den Beschluss der Bundesregierung wird es weniger Investitionen in diesem Bereich geben. Dies betrifft sowohl die erneuerbaren Energien als auch die Nachrüstung bei Sicherheitsaspekten in den Atommeilern." Er findet außerdem, dass das Problem falsch angelegt sei. "Zu jedem Regierungswechsel ein neues Konzept - da fehlt mir die Vorgabe einer klaren Richtung, an die man sich halten kann."

Die Diskussionen um die Laufzeitverlängerung halten auch auf Bundesebene noch immer an. Die Opposition, allen voran die SPD, bereitet derzeit eine Klage gegen die Entscheidung der Regierung vor. Der Vorwurf lautet, dass der Bundesrat übergangen worden sei. Wie aus dem kürzlich veröffentlichten Vertrag hervorgeht, müssen die Betreiber weniger für den Ausbau erneuerbarer Energien bezahlen, wenn sie in die Sicherheit der eigenen Atomkraftwerke investieren.

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