Archäologische Grabungen:Klassischer Schnitt

In einem Baufeld auf der ehemaligen Stadtmauer stehen Grabungen an. Museumsleiter Harald Krause hofft auf Einblicke in die Stadtgeschichte

Von Thomas Daller, Erding

In der Roßmayrgasse, neben dem Eiscafé Krönauer, beginnen in Kürze die archäologischen Grabungen in einem Baufeld, das mitten auf der ehemaligen Stadtmauer steht. "So etwas haben wir noch nicht archäologisch begleitet", sagte Harald Krause, Archäologe und Leiter des Museums Erding. Dort biete sich eine Chance, mehr Licht ins Dunkel der Stadtgeschichte zu bekommen. Denn während des 30-jährigen Krieges, als Erding drei mal gebrandschatzt und geplündert wurde, seien schriftliche Dokumente aus dieser Zeit in Rauch aufgegangen. Neue Aufschlüsse über das 13., 14. und 15 Jahrhundert könne somit insbesondere die Archäologie geben. Deswegen erwarte man mit Spannung, was man dort bei Grabungen zutage fördern könne.

Um 1250 sollen die Holzbefestigungen errichtet worden sein, die Vorläufer der Stadtmauer waren. 1403 war die erste urkundliche Erwähnung des Schönen Turms, man geht davon aus, dass um 1400 Mauern und Tore aus Stein errichtet wurden, als "Erding versteinerte", wie es Krause formuliert. Ein 15 bis 20 Meter breiter Graben, gespeist von Sempt und Fehlbach, umgab die Stadtmauer. In Kriegszeiten diente er als zusätzlicher Schutz, in Friedenszeiten wurden darin Karpfen gezüchtet. Außerdem war es nicht unüblich, dass die Erdinger ihren Abfall in den Graben warfen.

Ob man darin allerdings viel von diesem Müll findet, "den die Archäologen so lieben", wie Krause es formuliert, sei dahingestellt. Denn zum Fang der Fische wurde der Graben immer wieder abgelassen und dabei auch immer wieder gereinigt. Die Chance auf "ungestörte Schichten" im Graben selbst ist ungewiss. Wie der Stadtgraben früher ausgesehen hat, kann man noch im Bereich des Heilig-Geist-Hofs sehen.

Interessant für die Archäologen ist auch, wie die eigentliche Stadtmauer aufgebaut war. Ob die Fundamente auf gemauerten Rundbögen oder auf Holz standen, wie die Wehrgänge verliefen und wie die Berme am Wall der Stadtmauer aufgebaut war. Man geht davon aus, dass schräge Flanken zur Stadtmauer hinauf führten, die mit sogenannten Annäherungshindernissen wie Holzspießen armiert wurden, die feindliches Fußvolk abhalten sollten.

Krause sagte, es wäre ein Traum, wenn man einen klassischen Schnitt durch die Erdinger Befestigungsanlage erhalten würde und damit auch einen Einblick in den Stadtgründungshorizont: "Wenn wir Glück haben, steckt hier ordentlich Stadtgeschichte drin."Neben Scherben und Knochen könne man auch auf Klingen oder Musketenkugeln aus dem 30-jährigen Krieg stoßen. Es sei aber auch die Verantwortung groß bei dieser Grabung, bei der man die Stadtkernarchäologie vorantreiben werde.

Archäologische Grabungen: Museumsleiter Harald Krause.

Museumsleiter Harald Krause.

(Foto: Renate Schmidt)

Den Auftrag für die Grabung habe die Firma Digit erhalten. "Wenn gutes Material kommt, werden wir es wissenschaftlich auswerten lassen und auch mit anderen Städten vergleichen." Stadtheimatpfleger Wilhelm Wagner und Krause seien moderierend eingebunden. Sie hätten alte Ansichten sowie Grabungsberichte früherer Grabungen weitergeleitet und hätten zudem angeboten, ehrenamtlich Fundstücke zu reinigen.

Bevor es mit der Grabung losgeht, muss erst noch der Kampfmittelräumdienst aufs Gelände. Dort habe es zwar keine Schäden durch den Luftangriff in Erding gegeben, aber Munition oder Gewehre könnten trotzdem dort verkippt worden sein.

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