Archäologie in Erding:Gelebte Begeisterung

Archäologie in Erding: Interesse für Archäologie wird auf vielfältige Weise geweckt: Bei der Nacht der Museen 2017 wurde die uralte Technik des Bronzeguss demonstriert.

Interesse für Archäologie wird auf vielfältige Weise geweckt: Bei der Nacht der Museen 2017 wurde die uralte Technik des Bronzeguss demonstriert.

(Foto: Renate Schmidt)

Der Archäologische Verein Erding wird zehn Jahre alt. Die etwa 200 Mitglieder verbindet nicht nur geschichtliches Interesse. Das wichtigste Ziel des Vereins ist, kontinuierlich darzustellen, wie notwendig die Sicherung von Bodendenkmälern ist

Von Florian Tempel, Erding

Zehn Jahre sind aus archäologischer Sicht kaum mehr als ein Wimpernschlag. Für den Archäologischen Verein Erding (AVE) ist das in diesem Jahr allerdings ein bisschen anders. Der Verein kann erstmals ein rundes Jubiläum feiern. Im Mai 2010 fand die erste öffentliche Versammlung im Gasthof zu Post in Erding statt. Einige Wochen zuvor war der AVE in der Gaststätte der Schlossbrauerei schon formal gegründet worden. Zur ersten öffentlichen Veranstaltung, bei der der AVE bereits im Register eingetragen war, kamen fast 30 Interessierte. Seitdem ist jedes Jahr die Zahl der Mitglieder kontinuierlich gestiegen. Aktuell gehören dem AVE gut 200 Frauen und Männer an, es gibt auch viele Familienmitgliedschaften. Die Hälfte der Mitglieder stammt aus Erding und Umgebung, die andere Hälfte kommt von etwas weiter weg - der Archäologische Verein Erding hat eine große Anziehungskraft, was an dem umfangreichen Programm und den vielfältigen Vereinsaktivitäten liegen muss.

Schon im Untertitel des Vereinsnamens wird deutlich, wie breit die Sache angelegt ist: Der AVE versteht sich als "Netzwerk für Archäologie, angewandte Bodendenkmalpflege und gelebte Geschichte". Harald Krause, der Vorsitzende des Vereins, selbst studierter Archäologe und im Hauptberuf Leiter des Museums Erding, betont, um was es vor allem geht: "Darzustellen und deutlich zu machen, wie wichtig Archäologie ist." Der AVE hat einen großen Anteil daran, dass das viele Menschen im Landkreis Erding mittlerweile genau so sehen. Im Land zwischen Sempt, Isen und Vils kommt es immer wieder zu großartigen Funden. Der deutschlandweit Aufsehen erregende bronzezeitliche Spangenbarrenhort von Oberding etwa, die Ausgrabung des karolingischen Herzogs- und Königshofs in Altenerding und zuletzt die Entdeckung des Grabes eines römischen Soldaten. "Wir haben überall Hotspots", sagt Krause, überall gibt es etwas im Boden zu entdecken.

Dass so viel entdeckt wird, liegt auch an dem enormen Bauboom der vergangenen Jahre. Wo die Bagger anrollen, muss nachgeschaut werden, ob und was sich aus früheren Zeiten in der Erde verbirgt. Ob öffentliche oder private Bauherren, Wohnungs-, Straßen- oder Gewerbebau, jeder ist verpflichtet, dass eine archäologische Sicherung stattfindet. Das kostet Zeit und Geld und passt nicht jedem ins Konzept. Doch man müsse sich eines klarmachen, sagt Krause: "Jede Baugrube vernichtet Geschichte auf Nimmerwiedersehen." Wenn die Archäologen nicht anrücken würden, wenn man ihnen keine Zeit zum Sichten, Ausgraben und Dokumentieren geben würde, wäre das ein unwiederbringlicher Verlust. Diese Erkenntnis herauszuarbeiten und die Bedeutung der Archäologie gerade in aktuellen Boomphasen zu vergegenwärtigen, mit genervten Bauherren zu diskutieren und sie zu überzeugen, das sei eine stetige Aufgabe, der sich der AVE aus Überzeugung widme. Das Thema Archäologie sei lange nur schwer vermittelbar gewesen, sagt Krause: "Wir haben keine römischen Ruinen im Stadtpark stehen." Dass im Boden weniger anschauliche, aber ebenso wichtige und aussagekräftige Relikte liegen, muss man erst mal verinnerlichen.

Zu den Aktivitäten des Vereins gehört zwar auch, dass ehrenamtliche Teams bei Grabungen mitmachen und helfen. Unter dem Stichwort "angewandte Bodendenkmalpflege" stecken aber weitergehende Bemühungen. Der AVE will eine mit Informationstafeln und Wanderwegen erschlossene Denkmallandschaft im Landkreis Erding schaffen. Neben geführten Besuchen von laufenden Ausgrabungen gehören dazu Ausflüge, Wanderungen und die Organisation von Ausstellungen und von Vorträge. Ein ganz wichtiger Punkt in der Vereinsarbeit ist der Bereich "gelebte Geschichte". Diese spielt längst eine tragende Rolle bei der Vermittlung prähistorischer, antiker und historischer Lebensweise. So können Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene zum Beispiel das Gewicht eines Kettenhemdes am eigenen Leib spüren oder den Gebrauch einer Handspindel einmal selbst ausprobieren. Gefeiert wird im Verein auch - aber frühestens im Oktober, falls es die Lage dann zulässt.

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