Erding :Lebendige Vergangenheit

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Harald Krause, Leiter des Museum Erding, hielt die Festrede in der evangelischen Erlöserkirche in Erding. (Foto: Renate Schmidt/Renate Schmidt)

Die beiden Stadtteile Klettham und Siglfing bestehen jeweils seit 1100 Jahren. Zum Jubiläum gräbt Museumsleiter und Archäologe Harald Krause tief in der Geschichte.

Von Philipp Schmitt, Erding

Vor 1100 Jahren wurden die Erdinger Stadtteile Klettham und Siglfing 924 in einer Urkunde zum ersten Mal erwähnt. Mit einem Festakt hat die Große Kreisstadt am Sonntag das doppelte Jubiläum in der Kletthamer Erlöserkirche gefeiert: „Wir schätzen unsere Wurzeln und werden versuchen, die Identität zu wahren und Balance bei der Entwicklung zu halten“, betonte Oberbürgermeister Max Gotz. 

Der Erdinger OB und Landrat Martin Bayerstorfer (beide CSU) würdigten die Geschichte der Ortsteile, die ihre Identität trotz Siedlungsdrucks bewahrt hätten. In der Festrede zum Thema „Menschen - Zeiten - Räume: 1100 Jahre Klettham und Siglfing“ befasste sich Harald Krause mit der bewegten Vorgeschichte. Der Leiter des Museum Erding sagte, dass viele komplexe Zusammenhänge nur durch Erkenntnisse archäologischer Grabungen verstanden werden könnten. Hier gab und gibt es in Klettham viel zu entdecken.

Von 1966 bis 1973 wurde dort ein frühmittelalterlicher Friedhof der Merowingerzeit entdeckt. Aktuell gibt es am Gewerbegebiet an der Dachauer Straße spannende Funde, so Harald Krause. Er verwies auf verschiedene Siedlerspuren. Es wurden Gehöfte aus der Hallstattzeit, Siedlungen beziehungsweise Villen oder Brunnen der Römer sowie auch Relikte von Gehöften und Keltenschanzen aus heidnischer Zeit entdeckt.

Wie Krause weiter ausführte, war die Region Teil des Ostgotenreichs unter Theoderich. Sie gehörte später zum Frankenreich. Das bayerische Herzogtum mit Herzögen wie dem Agilolfinger Garibald folgten. Im achten Jahrhundert sorgten Missionare und Wanderprediger mit Klostergründungen für die Christianisierung. 

In Klettham wurden und werden Archäologen fündig. Das Bild stammt von der Sonderausstellung "Klettham 1965-2015" und zeigt zwei außergewöhnliche Fundstücke. (Foto: Renate Schmidt)
Der Gedenkstein des früheren Münchener Oberbürgermeisters Thomas Wimmer in Siglfing. (Foto: Stephan Görlich)

Klettham gehörte zur einst eigenständigen Gemeinde Altenerding. Dort wurden bei Grabungen vor Jahren ein Königshof und die Peterskirche auf dem „Petersbergl“ entdeckt. Gehöfte gab es an Bächen und am noch freiliegenden Itzlinger Graben. Es waren andere Zeiten – und am Kronthaler Weiher stand der Galgen.

1400 gab es in Klettham fünf Anwesen und eine Taverne. 400 Jahre später wurden 24 Anwesen und eine Mühle gezählt. Im Jahr 1874 wohnten 382 Einwohner in 101 Gebäuden. 1963 lebten 3219, und im Jahr 1979 - nach dem Bau neuer Siedlungen - 5936 Bürger in Klettham. 1978 wurde Klettham im Zuge der Gebietsreform Teil der Stadt Erding. Ein eigenes Quartiersmanagement befasst sich aktuell mit der weiteren Entwicklung von Klettham. 

Siglfing ist klein, aber immerhin stammt aus der Ortschaft ein Münchener Oberbürgermeister

Siglfing ist ein sogenanntes „Straßendorf“. Es wurde 1938 in der NS-Zeit Teil der Stadt. Ein Antrag auf Eingemeindung der Siglfinger Dorfgemeinschaft von 1907 war 1908 vom Erdinger Stadtrat noch abgelehnt worden. Der Ort gehörte zeitweise zur Gemeinde Oberding. Eine Kirche gibt es in Siglfing indes nicht, aber die 1900 gebaute Kapelle. Auch hier gab es archäologische Funde, so Harald Krause.

Aus dem Dorf stammten zudem politische Originale: Marianne Rötzer war ein politisches Urgestein: Stellvertretende Landrätin, Lokalpolitikerin (Freie Wähler), Gastwirtin, Kreisbäuerin und Ehrenringträgerin. Der 1887 geborene Thomas Wimmer zog 1904 nach München, wo er als Schreiner in einer Möbelfabrik arbeitete. 1924 wurde der Siglfinger SPD-Stadtratsmitglied und 1948 (als Nachfolger von Karl Scharnagl) Münchener Oberbürgermeister. Von ihm stammt das „O’zapft is“ zum Oktoberfest-Start. Der Münchener Ehrenbürger verstarb 1964.

 

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