Süddeutsche Zeitung

Ankara oder Stadelheim:Haftbefehl wegen Strafzettel

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Bundespolizisten ziehen am Flughafen gesuchte Verkehrssünderin aus dem Verkehr. Sie zahlt - und durfte fliegen

Die deutsche Justiz lässt nicht locker. Das hat jetzt eine 52-jährige Frau erfahren, die vor wenigen Tagen nach Ankara fliegen wollte, vor dem Abflug aber 809 Euro bezahlen musste, weil gegen sie ein Haftbefehl vorgelegen war. Wie die Bundespolizei mitteilt, hatte sie sich nicht im mindesten um die Begleichung einiger Strafzettel gekümmert. Auch dass sie 600 Euro Geldstrafe für Fahren ohne Führerschein hätte bezahlen sollen, ließ sie bis zu diesem Zeitpunkt unbeeindruckt. Am Münchner Flughafen plünderte die Frau nun ihre Reisekasse, beglich ihre Schuld - und durfte fliegen.

Die Frau habe die Verkehrsregeln offenbar nicht wirklich verstanden, schreibt dazu die Bundespolizei in einer Pressemitteilung. Dies ließen die Verkehrsverstöße und ihr Umgang damit vermuten. Die Staatsanwaltschaft München I hatte die Verkehrssünderin mit drei Haftbefehlen gesucht, weil sie mehrere Strafzettel nicht bezahlt hatte und bereits um Jahr 2017 ohne Führerschein erwischt worden war. Mindestens zweimal war sie bei Verkehrsverstößen erwischt und ihr Bußgeldbescheide zugesandt worden, die sie aber nicht beglich. Resultierend daraus hatte die Staatsanwaltschaft München I die säumige Zahlerin 2018 zweimal mit Erzwingungshaftbefehlen zur Fahndung ausgeschrieben. Sie sollte in einem Fall 66 Euro, im anderen 61 Euro ins Staatssäckel schmeißen - oder jeweils einen Tag in Haft gehen.

Als sie 2017 ohne Führerschein erwischt worden war, hatte ein Münchner Amtsrichter sie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu 600 Euro Geldstrafe oder ersatzweise 30 Tagen Haft verurteilt. Die Verurteilte habe den Richterspruch ebenso wenig ernst genommen wie die Regeln im Straßenverkehr, sie hatte weder die Geldstrafe bezahlt noch das Alternativangebot der 30-tägigen Unterkunft in München-Stadelheim angenommen. Also hatten die Münchner Strafverfolger die Polizeibehörden im Land mit der Suche nach und Festnahme der damals 49-Jährigen beauftragt.

Alles in allem war die Wahlbayerin den oberbayerischen Behörden demnach 809 Euro schuldig geblieben, die Summe setzte sich zusammen aus Bußgeldern, Geldstrafe und Verwaltungs- und Verfahrenskosten. Nachdem Bundespolizisten dem Auftrag der Münchner Justiz nun am Terminal 1 am Flughafen bei der grenzpolizeilichen Ausreisekontrolle des Abendfluges nach Ankara nachgekommen waren, hatten sie die Festgenommene vor die Wahl gestellt: Ankara oder Stadelheim. Den drohenden Gefängnisaufenthalt vor Augen, habe die Reisende ihre Urlaubskasse bemüht und die geforderten Beträge bei der Bundespolizei dann doch bezahlt, anschließend durfte sie die Wache verlassen.

Bei Grenzkontrollen erwischen Bundespolizisten am Münchner Airport regelmäßig Straftäter, viele von ihnen bereits verurteilt, vom international gesuchten Mörder bis zur Bußgeldverweigerin. Die Bandbreite derer, die sich im Fahndungsnetz der Bundespolizei verfangen, sei groß, schreibt die Bundespolizei.

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SZ vom 07.08.2019 / sz
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