Süddeutsche Zeitung

Angela Ascher aus Dorfen:Zwischen Botox und Existenzangst

Ob Taxlerin, Mama oder Türsteherin: Für die BR-Comedy "Fraueng'schichten" schlüpft Angela Ascher in sieben Frauenrollen. Die Aufzeichnungen finden im Alten Speicher statt - öffentlich

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

210 Minuten. So lange dauert es, um Angela Ascher in Burgi zu verwandeln, die korpulente Chefin des Wertstoffhofs. Burgi wiegt ungefähr 200 Kilo und ist in ihren Aussagen alles andere als politisch korrekt. Eine gute Maske, Special Effects und ein Fatsuit braucht es, danach ist Ascher kaum wieder zu erkennen. Beim Pressegespräch im Alten Speicher in Ebersberg zeigt die Schauspielerin auf ihrem Handy, wie sie nach ihrer Verwandlung aussieht, und die Anwesenden sind fasziniert. Diese mollige, derbgesichtige Person soll Angela Ascher sein? "Es hat total Spaß gemacht, bei der Entwicklung dabei zu sein", sagt eben diese dazu.

Burgi ist eine der sieben Frauengestalten, die Angela Ascher in der neuen BR-Comedy "Fraueng'schichten" verkörpert. Die Show wird Anfang Februar im Alten Speicher in Ebersberg aufgezeichnet und vermutlich in der ersten Jahreshälfte im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt; einen festen Sendetermin dafür gibt es aber bisher noch nicht. Sechs Folgen sind fürs Erste angedacht, die aus einer Mischung aus live Stand-Up-Comedy und vorproduzierten Sketchen bestehen. Diese werden eingespielt und sind für's Publikum auf großen Monitoren zu sehen. Diese Sketche wurden bereits im November und Dezember abgedreht.

Während Ascher in Ebersberg allein auf der Bühne stehen wird, hat sie sich für die eingespielten Filmchen teils prominente Mitstreiter geholt: Merkel-Imitatorin Antonia von Romatowski gibt sich die Ehre, Ferdinand Schmidt-Modrow, Schauspieler aus der BR-Serie "Dahoam is dahoam", ist dabei genauso wie Johanna Bittenbinder, die auf persönlichen Wunsch von Ascher zum Ensemble dazustieß. Diese Schauspieler, so verrät Produktionsleiter Ralph Otzinger von Constantin Entertainment, seien auch zu den Aufzeichnungen eingeladen, um dann mit dem Publikum zusammen die gesamte Show anzusehen.

Neben Burgi, der Wertstoffhof-Chefin, werden in den Sendungen noch weitere Frauentypen immer wieder auftauchen. "Frauen aus der Stadt, vom Land, ein bissl jünger, ein bissl älter, dick, dünn", so formuliert es Angela Ascher, "ein Kaleidoskop an bayerischen Frauen". Jeder der Charaktere wirft dabei ein Spannungsfeld auf, das es zu bewältigen gilt; sei es durch Erinnerungen und Sehnsüchte, die nicht recht ins Jetzt passen wollen, oder durch gesellschaftliche Ansprüche, die nicht mit den eigenen Bedürfnissen in Einklang zu bringen sind. Da ist zum Beispiel die Dame aus dem Norden Deutschlands, die gern eine bayerische Schlagersängerin wäre und mit ihrem Mann im Wohnzimmer Songs aufnimmt. Oder die Mutter zweier Kinder (übrigens gespielt von Aschers Töchtern), die den schmalen Grat zwischen Schweinsbraten und Teenie-Welt wandeln muss. Oder die Taxi-Fahrerin, die trotz aller Existenzangst die Königin der Straße ist. "Meine Lieblingsfigur", sagt Angela Ascher, "ist aber die Türsteherin". Die Türsteherin ist hängen geblieben irgendwo im Schwabing der 80er Jahre, als die Spider Murphy- Gang noch in war. "Die ist wie mein verbotoxtes Alter Ego", so Ascher, "die kann ich auch noch spielen, wenn ich 80 bin". Hauptverantwortlich für die Figurenentwicklung und das Drehbuch ist der renommierte und umtriebige Autor Thomas Lienenlüke.

Viele kennen Angela Ascher, Jahrgang 1977, als Double der CSU-Politikerinnen Christine Haderthauer und Ilse Aigner. Seit 2012 übernimmt sie deren Rollen beim alljährlichen Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg. In den vergangenen Jahren war Ascher auch immer wieder im Fernsehen tätig, spielte etwa in der ARD-Telenovela "Sturm der Liebe", im "Tatort" oder Vorabend-Serien wie "Die Rosenheimcops" mit. Auch wenn sie mittlerweile zwischen ihren beiden Wohnsitzen in München und Wien pendelt, halte sie immer noch engen Kontakt zu ihrer Heimatstadt Dorfen im Landkreis Erding, so Ascher: "Ich war gerade da; meine Eltern und einige Freundinnen leben dort."

Dass die "Fraueng'schichten" im Alten Speicher in Ebersberg aufgezeichnet werden, sei dem Tipp einer Bekannten geschuldet, so Produktionsleiter Otzinger von Constantin Entertainment. Bei der Suche für die richtige Örtlichkeit habe man sich bewusst gegen München und fürs Land entschieden; denn, so Ascher: "Ich komm ja selbst vom Land."

Ob die Witze und das Stand-Up-Programm auch vor Publikum funktionieren, das probiert Angela Ascher derzeit auf "Brettln" in der bayerischen Provinz aus, Kleinkunstbühnen mit überschaubarem Publikum. Alle sieben Frauen haben außer dem Dialekt gemein, dass sie mit einem gewissen Stolz durchs Leben schreiten, mit Bodenhaftung, so Ascher. Ob sich die Rolle der Frau, auch in Bayern, zuletzt verändert habe? Die Schauspielerin überlegt. "Ich glaube, glücklicher macht es, so zu sein, wie man ist", sagt sie schließlich, "und heute hat man mehr Chancen dazu. Wenn man sich traut".

Die sechsteilige BR-Comedy "Fraueng'schichten" wird an drei Terminen im Alten Speicher in Ebersberg aufgezeichnet: am Samstag, 8. Februar, um 20 Uhr sowie am Sonntag, 9. Februar, um 14 Uhr und um 19 Uhr. Karten und Infos unter www.kultur-in-ebersberg.de.

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SZ vom 11.01.2020
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