Amtsgericht Erding:Schlag ins Gesicht lässt Lippe platzen

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Der Eingang zum Amtsgericht Erding an der Münchner Straße. (Foto: Stephan Görlich)

Streit zwischen Eltern von Kleinkind landet vor Gericht. Beiden rät die Richterin, sich in einem moderierten Gespräch Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Bis dahin wird das Strafverfahren unter anderem wegen Körperverletzung ausgesetzt.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wenn sich die Eltern eines Kleinkindes vor Gericht treffen, muss das nicht unbedingt das Familiengericht sein. Im jüngsten Fall fand eine Verhandlung am Strafgericht statt. Dem 32-jährigen Angeklagten, dem Vater, wurde vorgeworfen, dass er die Mutter des Kindes bedroht und beleidigt und sie außerdem geschlagen haben soll. Den Schlag gab der 32-Jährige zu, aber der sei aus dem Affekt heraus passiert, weil sie mit der flachen Hand auf den Bauch des Babys geschlagen habe. So recht mochte Richterin Michaela Wawerla zwar seiner Version nicht folgen, aber ein Urteil wollte sie auch nicht fällen, sondern die beiden sollten besser einen Täter-Opfer-Ausgleich machen und ein moderiertes Gespräch führen, wie es weiter gehen soll. Das Verfahren wurde bis dahin ausgesetzt.

Die Vorwürfe, die dem 31-Jährigen von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt werden, sind massiv. So soll er die Mutter seines Kindes in der Nacht des 25. Februars gegen 3 Uhr nachts gewürgt und mit der rechten Hand ins Gesicht geschlagen habe, wobei ihre Unterlippe danach geblutet haben soll. Tags darauf soll er sie in dem Lokal, in dem er arbeitet, mit dem Messer bedroht haben. Einen Tag später soll er sie im Freien beleidigt, getreten und seine Faust auf einen ihrer Unterarme geschlagen haben. Alles zusammen erfülle laut Staatsanwältin die Straftatbestände der Bedrohung, Beleidigung und der gefährlichen Körperverletzung.

Das gemeinsame Baby litt seit einiger Zeit unter Koliken

Der Angeklagte beteuerte, dass nur der Schlag mit der flachen Hand passiert sei. Um zu erklären warum, müsse er weiter ausholen. Das Baby habe schon einige Zeit lang Koliken gehabt, was im Alter um drei Monate öfters geschieht. In der Nacht sei er gegen 2 Uhr von der Arbeit nach Hause gekommen. Das Baby habe in einem Beistellbett auf der Seite der Mutter geschlafen, beziehungsweise wegen der Koliken geweint. Nach ein paar Minuten habe er lautes Klatschen gehört. Auf Nachfrage der Amtsrichterin beteuerte der Angeklagte, dass er den Schlag mit der flachen Hand auf den Bauch des Babys gesehen habe. Trotz Dunkelheit und obwohl er auf der gegenüberliegenden Seite im Bett gelegen habe. Er habe dann ohne Nachzudenken mit der Hand ebenfalls zugeschlagen und dabei die Lippe der Mutter getroffen. Alles was ihm sonst vorgeworfen werden sei nicht passiert.

Sie habe danach die "Sache" ausdiskutieren wollen, er aber habe Ruhe gewollt, um über alles nachdenken zu können. Seit der Geburt habe sich ihr Charakter verändert, sie sei immer gestresst gewesen. Er habe den Eindruck, dass sie ihm die Schuld gibt, dass sie jetzt daheim bleiben müsse und ihr früheres Leben nicht mehr weiter leben dürfe, während sich bei ihm wenig ändere. Er sei ihrer Meinung nach ein "Scheißvater". "Aber was soll ich tun? Einer muss ja Geld verdienen", sagte der 32-Jährige vor Gericht. So gestresst und teilweise aggressiv wie sie manchmal gewesen sei, habe er Angst um sein Kind gehabt.

Der Angeklagte erhielt ein Kontaktverbot und durfte seit dem Vorfall sein Kind nicht mehr sehen

Die Mutter ging jedenfalls zur Polizei und in der Folge wurde ihm ein Kontaktverbot ausgesprochen. Seitdem habe er sein Kind nicht mehr gesehen, sagte der 32-Jährige. Vom Jugendamt habe er die Auskunft erhalten, dass erst das Strafverfahren gegen ihn abgeschlossen sein müsse, ehe er einen Antrag stellen könne, sein Kinder wieder sehen zu dürfen. Die Mutter, die als Nebenklägerin vor Gericht auftrat, sagte, sie sei auch dafür, dass er sein Kind wieder sehen darf. Aber bis heute habe sie nichts vom Jugendamt gehört, dass er sich dort wegen des Umgangsrechtes gemeldet habe. Sie wolle aber erst einmal eine Entschuldigung von ihm und alles Rechtliche müsse über das Jugendamt laufen. Sein Kind dürfe er außerdem nur in Anwesenheit Dritter sehen.

Auf eine Einstellung des Verfahrens, wie es der Anwalt des Angeklagten anregte, wollte sich aber weder die Staatsanwältin noch die Amtsrichterin einlassen. Dazu wiege die aufgeschlagene Lippe zu schwer, und den Schlag hatte der 32-Jährige zugegeben. Dafür folgten beide dem Vorschlag des Anwalts der Nebenklägerin. Der plädierte dafür, dass sich beide Parteien gemeinsam Gedanken machen sollen über ihre Zukunft. Der 32-Jährige hatte bereits vor Vorhandlungsbeginn 1500 Euro Schmerzensgeld angeboten. Richterin Michaela Wawerla betonte, dass das Strafrecht nicht das Familienrecht ersetzen könne. Ziel müsse sein, eine Verurteilung in dem Fall zu vermeiden. Das sei im Sinne Aller. Dazu müssten beide Elternteile in ruhiger Atmosphäre moderiert klären, was schief gelaufen sei, was jeder wolle und was das Beste für das Kind sei. Sei es über das Familiengericht oder dem Jugendamt. Bis zum Ergebnis wird die Verhandlung ausgesetzt.

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