Amtsgericht:Kinderpornografie führt ins Gefängnis

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Angeklagter beteuert, von den 19 Fotos und vier Videos auf seinem Handy und PC nichts gewusst zu haben. Richter Wassermann sieht zumindest den billigend in Kauf genommenen Besitz. Instagram hatte Dateien gemeldet

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Bis zum Schluss hatte der 26-jährige Angeklagte beteuert, dass er keine Ahnung habe, wie die insgesamt 19 Fotos und vier Videos mit kinderpornografischen Inhalten auf seinen Computer und sein Smartphone kamen. Sein Pflichtverteidiger vermutete, dass sein Mandant das Opfer von Automatismen geworden sei, bei denen schon beim Ansehen auf den Geräten die Dateien gespeichert werden und beantragte Freispruch. Richter Andreas Wassermann folgte jedoch der Meinung der Staatsanwaltschaft und des Gutachters, der die beschlagnahmten Geräte untersucht hatte. Der Angeklagte habe zwar wohl keine pädophilen Neigungen, aber die Fotos und Videos habe er wissentlich gehabt. Da der 26-Jährige unter offener Bewährung stand, muss er die verhängte zehnmonatige Freiheitsstrafe antreten.

Ins Rollen brachte die Ermittlungen gegen den Angeklagten Instagram. Ein kostenloser Onlinedienst, der Facebook gehört, und über den Nutzer Fotos und Videos teilen können. Die App gibt es für Android, iOS und Windows Phone. Die Zahl der aktiven Nutzer wird auf rund eine Milliarde geschätzt. Der Dienst hatte am 18. Dezember 2018 eine kinderpornografische Datei entdeckt, die auf die Plattform hochgeladen worden war. Dies wurde an das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) gemeldet, wie das Bundeskriminalamt, das anfangs die Ermittlungen führt, an die Kripo Erding mitteilte. Die weiteren Ermittlungen wurden deshalb nach Erding weitergeleitet, weil die sogenannte IP-Adresse einem Rechner in der Kreisstadt zugeordnet werden konnte. IP-Adressen werden vor allem verwendet, um Daten von einem Absender zum vorgesehenen Empfänger zu transportieren. Ähnlich wie bei einer Postanschrift. In dem Fall die Adresse der Mutter des Angeklagten, da er dort bei ihr wohnt.

Am 24. Juni rückte dann die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl aus. Die Beamten wurden im Zimmer des Angeklagten schnell fündig - was die Geräte, aber auch Drogen angeht. Drei Smartphones, ein Tablet, eine externe Festplatte und ein Computer wurden beschlagnahmt und zur Untersuchung in ein Labor in Ingolstadt geschickt. Dabei, so der ermittelnde Beamte und der Gutachter, habe sich der Angeklagte sehr kooperativ gezeigt und alle PINs und Passwörter für die Geräte herausgegeben.

Das führte der 26-Jährige auch bei seiner Aussage auf. Er habe von den Fotos und Videos - darunter teilweise von acht- bis zehnjährigen Mädchen - nichts gewusst. Deshalb habe er auch bereitwillig kooperiert. Er finde Kinderpornografie abscheulich, zumal er selber Vater eines kleinen Kindes sei, das bei seiner Mutter lebe. Er sehe es leider viel zu selten. Und wenn er solche Dateien erhalten hätte, hätte er sie sofort gelöscht.

Der Gutachter hatte herausgefunden, dass vor allem auf einem Handy und dem PC eine Menge pornografisches Material steckte. Teilweise zurück reichend bis 2011. Die meisten Fotos oder Videos erfüllten aber nicht den Straftatbestand des Verbreitens und Besitzes von pornografischen Schriften, vor allem Kinderpornografie. Erhalten habe sie der Angeklagte über die Dienste ICQ, Telegram und über Whatsapp. Ein Großteil der Dateien seien automatisch von den jeweiligen Programmen auf den Geräten gespeichert worden, als sie zum Ansehen geöffnet worden waren. Einige seien aber bewusst nach Meinung des Gutachters in einem eigenen Ordner abgespeichert worden. "Wissentlich und gewollt."

Auf dieses automatische Speichern zielte auch die Argumentation des Pflichtverteidigers ab. Sein Mandant habe das, so wie er auch, nicht gewusst. Und dass er keine Affinität zu Sex mit Kindern habe, zeige ein Chatverlauf in einer Whatsapp-Gruppe, die der Gutachter ausgewertet hatte und in der es fast ausschließlich um den Tausch von pornografischen Dateien ging. Dort hatte der Angeklagte erklärt, dass seine "bevorzugte Altersgruppe" zwischen 20 und 40 Jahren sei.

Und eben diesen Chatverlauf führte Richter Wassermann dafür an, dass der Angeklagte "zumindest billigend" den Besitz der Bilder in Kauf genommen habe. Der Versender hatte erklärt, dass es sich bei dem Mädchen, das man sehe, um eine Zwölfjährige handle. Im weiteren Verlauf wurden die Chatteilnehmer gefragt, wie alt die Mächen sein sollen. Als bekannt geworden sei, dass es sich um Kinderpornografie handle, hätte der Angeklagte den Chat abbrechen, eine Anzeige erstatten oder sich öffentlich distanzieren müssen, wie es ein anderer Teilnehmer gemacht hatte. "Aber es ist nichts von Ihrer Seite passiert", so Wassermann. Da der Richter keine günstige Sozialprognose für den Angeklagten sah, vor allem auch wegen des Drogenkonsums, muss der 26-Jährige ins Gefängnis.

© SZ vom 07.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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