Amtsgericht:Geldstrafe wegen Volksverhetzung

Amtsgericht: Der 60-jährige Angeklagte war bisher ohne Einträge im Bundeszentralstrafregister.

Der 60-jährige Angeklagte war bisher ohne Einträge im Bundeszentralstrafregister.

(Foto: oh)

Ein 60-Jähriger hat in einem Chat in einem Pilotenforum Afrikaner verunglimpft.Richter Schindler legt ihm nahe, seinen Einspruch auf die Höhe des Strafbefehls zu beschränken

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wer andere Menschen als "Human Trash", als menschlichen Müll bezeichnet, der schwerstkriminell sei, und dies in einem Online-Forum kundtut, der öffentlich einsehbar ist, der begeht nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs Volksverhetzung. Und die wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. Und davon ließen sich Björn Schindler, Richter am Amtsgericht Erding, und die Staatsanwältin auch nach einem längeren Rechtsgespräch zwischen ihnen und dem Verteidiger des 60-jährigen Angeklagten nicht abbringen. Dies seinem Mandanten, der Einspruch gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Landshut eingelegt hatte, zu erklären, war nicht so einfach. Letztlich beugte sich der Mann aber und beschränkte den Einspruch nur noch auf die "Rechtsfolgen", also auf das Strafmaß. "Ich beuge mich der Gewalt", kommentierte der 60-Jährige.

Volksverhetzung begeht nach dem Gesetz auch, wer "die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet". Man muss nicht explizit zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordern. Die Aussagen, die der Angeklagte im August 2019 im Forum "Pilot und Flugzeug" tätigte, fielen in einem längeren Chat zwischen im Durchschnitt fünf angemeldeten Mitgliedern, wie die Erdinger Kripo ermittelte. Dabei schrieb der Angeklagte, dass Westafrikaner nur menschlicher Müll seien, Trash auf Englisch. Und ihre Reise nach Europa hätten sich alle nur durch schwerstkriminelle Handlungen erkauft.

Dies hatte einem der Chat-Teilnehmer missfallen und er erstattete Anzeige. Als der ermittelnde Beamte Ende 2019 die Akte von der Staatsanwaltschaft bekommen habe, sei der Chatverlauf immer noch im Internet gestanden, sagte der Kriminalbeamte vor Gericht aus. Alle Versuche, den Beschuldigten zu vernehmen, seien aber gescheitert. Der Mann sei entweder nicht zu erreichen gewesen, oder Termine seien abgesagt oder verschoben worden. Und so kam es zum Strafbefehl.

Der Verteidiger versuchte, die Aussagen seines Mandanten zu relativieren. Sehe man die Aussagen im Zusammenhang mit dem restlichen Chatverlauf an, sei klar zu erkennen, dass der 60-Jährige keinen rechten oder rassistischen Hintergrund habe. Er sei viel gereist, sei sogar mit einer Brasilianerin verheiratet gewesen. Er sei vielmehr weltoffen und habe immer wieder mit Ausländern zusammen gearbeitet. Zudem handele es sich bei dem Forum eher um ein "Spartenportal", das zeige auch, dass die Zahl der Chatteilnehmer während der umstrittenen Aussage sehr gering gewesen sei. Dass das Forum "Pilot und Flugzeug" 20 000 Mitglieder habe - und nur die dürften Beträge verfassen -, sei eine rein theoretische Aussage, denn nur wenige dürften den Chatverlauf tatsächlich gelesen haben. Im übrigen stelle sich die Frage, ob der Betreiber des Forums nicht rechtswidrig gehandelt habe, indem er sehr lange die umstrittenen Aussagen nicht gelöscht habe.

Die Staatsanwältin und Richter Björn Schindler rechneten dem 60-Jährigen positiv an, dass er mit der Rückzug des Einspruchs auf den Tatbestand, immerhin die Volksverhetzung gestanden habe. Der Schuldspruch sei so rechtskräftig geworden. Zudem sei er bis heute nicht straffällig geworden. Björn Schindler sah zu seinen Gunsten auch, dass zwar jeder im Internet das öffentliche Forum einsehen konnte, es aber bestimmt nicht so viele tatsächlich Leser gegeben habe. Dennoch habe er mit seinen Aussagen den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Auf eine Freiheitsstrafe könne man aber dank des Geständnisses verzichten.

Das Urteil, eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 15 Euro, ist aber noch nicht rechtskräftig. Der 60-Jährige, auf dessen Mundschutz "Alles Lüge. Merkelspam muss weg" stand, erbat sich Bedenkzeit, ob er das Urteil annimmt.

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