Amtsgericht Freising:Wie im Wilden Westen

Bewährungsstrafe für 18-Jährigen, der schon öfters angeklagt war

Von Alexander Kappen, Freising

Richter Boris Schätz ließ keinen Zweifel daran, wie sehr ihm die Freizeitgestaltung bestimmter junger Leute missfällt, die immer wieder durch Freising ziehen, die Stadt unsicher machen, dabei straffällig werden und regelmäßig bei ihm auf der Anklagebank landen. So wie der bereits zweimal wegen Drogendelikten vorgeahndete, 18-jährige Schüler, der sich in der Jugendschöffensitzung des Amtsgerichts verantworten musste - weil er abermals mit Marihuana erwischt worden war und zusätzlich einem anderen 17-Jährigen bei einer verabredeten Prügelei zwei Schneidezähneausgeschlagen hatte. "Lernt ihr eigentlich mal was aus solchen Sachen?", fragte der Jugendrichter: "Wie wäre es einfach mal mit friedlich in einen Biergarten setzen, Steintürme an der Isar bauen oder Fußball spielen? Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch ständig zum Schlägern zu verabreden?"

Der im Wesentlichen geständige Angeklagte bedauerte, sich auf das "Angebot zum Zweikampf" in der Luitpoldanlage durch den Geschädigten eingelassen zu haben, "das war eine Dummheit". Er habe nicht feige sein "und als Pussy dastehen wollen". Die Quittung war jetzt eine saftige Strafe. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwältin und verurteilte den Schüler zu einer Jugendstrafe von neun Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Um einen Geschmack davon zu bekommen, was ihm droht, wenn er in dieser Zeit erneut straffällig wird, muss der Angeklagte zudem einen zweiwöchigen Dauerarrest absitzen.

Wie der Angeklagte, der ohne Verteidiger zur Verhandlung erschienen war, erzählte, verabredet er sich offenbar öfter zu Schlägereien. Bereits vor dem Kampf im Dezember 2016 mit dem heute 17-jährigen Schüler hatte er mit dessen Stiefbruder eine Auseinandersetzung. "Ich habe seine Freundin auf Whatsapp angeschrieben. Das hat ihm nicht gepasst. Deshalb wollte er schlägern - und das haben wir dann gemacht", erzählte der 18-jährige Freisinger, der derzeit in einer privaten Schule in München seine Mittlere Reife macht. Dann war der nächste Bruder dran. Dieser räumte ein, dass er den Angeklagten zur Schlägerei aufgefordert habe: "Ich habe ihm geschrieben, dass ich ein Eins-gegen-eins will", weil der Angeklagte beim sozialen Internetdienst Snapchat "mich und meine Clique beleidigt hat".

Am 8. Dezember des vergangenen Jahres kam es dann zum Showdown in der Luitpoldanlage. Die beiden prügelten sich, gingen zu Boden, standen auf - und entschieden zusammen, weiterzumachen. Während der Angeklagte behauptete, beide Male habe sein Widersacher den ersten Schlag gesetzt, sagten dieser sowie sämtliche Zeugen, dass es genau umgekehrt war. Die Staatsanwältin war auch davon überzeugt, dass der 18-Jährige beim entscheidenden Schlag, bei dem er seinem Widersacher die Zähne ausschlug, ein Feuerzeug zur Verstärkung der Schlagkraft in der Faust hatte, obwohl der Angeklagte das bestritt. Ein Zeuge berichtete jedoch, ihm das Feuerzeug nach der Schlägerei aus der Hand genommen zu haben. Nach dem Vorfall ging das 17-jährige Opfer, das nun Zahnimplantate für mehrere tausend Euro benötigt, mit seinem Bruder zuerst ins Krankenhaus und dann zur Polizei.

Auch wenn die Schlägerei zusammen ausgemacht worden war, "rechtfertigt das nicht, was passiert ist", sagte die Staatsanwältin: "Wir sind ja nicht im Wilden Westen, das ist einfach eine Straftat." Und zwar eine "ganz widerliche", wie der Amtsrichter sagte: "Ein Feuerzeug in der Faust ist genauso feige wie ein Schlagring." Straftaten wie diese gingen ihm gehörig auf die Nerven. "Sie beschäftigen die Polizei, die Justiz, und im Krankenhaus muss vielleicht jemand, der sich bei der Gartenarbeit verletzt hat, auf seine Behandlung warten, nur weil jemandem bei einer verabredeten Schlägerei zwei Zähne ausgeschlagen worden sind".

Er attestierte dem Angeklagten, der aus einem früheren Freizeitarrest offenbar nichts gelernt hat, eine schädliche Neigung. Da der 18-jährige Angeklagte aber eine feste Freundin hat, die Mittlere Reife machen will und den Besuch der Privatschule durch zwei Jobs selbst finanziert, wurden ihm eine positive Sozialprognose gestellt und eine Bewährungsstrafe gewährt.

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