Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Erding:Versehen oder Absicht?

Unterschriftenvergleich soll Klarheit in Betrugsvorwurf bringen

War es nur ein Versehen, Dummheit oder Absicht? Für die Staatsanwaltschaft war es eindeutig ein Betrugsversuch, bei dem ein 56-jähriger Kfz-Werkstattbesitzer versucht habe, das Geld für eine Reparatur von einer Versicherung zu kassieren, statt es an eine Kundin weiter zu geben. Konkret ging es um eine Abtretungserklärung an die Werkstatt. Mit der wird der Werkstatt erlaubt, die Kommunikation mit der Versicherung und damit die Schadensregulierung zu übernehmen. Die Rechnung kann die Werkstatt dank der Abtretungserklärung bei der Versicherung des Kfz-Halters direkt einreichen. Sinn der Sache: beide Parteien sparen gewissermaßen einen Umweg über den Versicherten.

Auslöser der Anzeige wegen Betrugsversuch war eine Unterschrift auf einer solchen Abtretungserklärungen, von der die Kundin behauptet, dass sie niemals eine unterschrieben habe. Aus Sicht des Angeklagten gibt es aber keine gefälschte Unterschrift. Das Ganz sei zwar sein Fehler gewesen, aber er habe keine Unterschrift gefälscht, um an das Geld der Versicherung zu kommen, das eigentlich der Kundin zustehe - die das Geld inzwischen auch habe, so der Angeklagte am Amtsgericht. Er selber werfe sich aber "mangelnde Sorgfalt" vor. Zum einen, dass er bei der Abgabe des Autos nicht geprüft habe, dass die Person, die es in die Werkstatt brachte auch die Halterin ist, und zum anderen, dass er nicht genau auf die Abtretungserklärung gesehen habe, die er in seinem Ordner gefunden habe. Der Name, den er gefunden habe, unterscheide sich in nur einem einzigen Buchstaben, einem h, statt einem k. Leider könne dieser Kunde nicht selber bestätigen, dass er unterschrieben habe, da die Person mittlerweile auf einer Palliativstation liege und er nicht möchte, dass sie wegen dem Vorfall belästigt werde.

Aber alleine wegen diesem Umstand wollte Amtsrichterin Michaela Wawerla das Verfahren nicht einstellen. Sie setzte das Verfahren vorerst aus. Wenn der betreffende Kunde nicht persönlich erklären könne, dass es seine Unterschrift auf der Blanko-Vollmacht sei, dann müsse "nachermittelt" werden. Deshalb soll nun vom Einwohnermeldeamt eine Unterschrift von ihm angefordert werden, um sie mit der auf der Abtretungserklärung zu vergleichen.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2020 / wil
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