Amtsgericht Erding:Schnapsidee endet mit 3600 Euro Geldstrafe

Betrunkener Erdinger will Taxifahrer um Fahrtkosten prellen. Verurteilt wird er letztlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung

Von Thomas Daller, Erding

Der Starkbieranstich auf dem Nockherberg am 3. März vergangenen Jahres hat einem 33-jährigen Kaufmann aus Erding eine Menge Ärger eingebrockt. Er hatte fünf Maß und einen Obstler getrunken und war danach mit einem Taxi von München nach Erding gefahren. Kurz vor dem Ziel hatte er die Schnapsidee, den Taxifahrer um die Fahrtkosten zu prellen. An einer Kreuzung in der Nähe seiner Wohnung wollte er aus dem Taxi fliehen. Der Taxifahrer hielt ihn erst am Gürtel fest, musste seinen Fahrgast allerdings loslassen, als der ihm vermutlich mit der Faust einen heftigen Schlag ins Gesicht verpasste. Das könnte man als versuchten Betrug und vorsätzliche Körperverletzung auslegen. Die Staatsanwaltschaft sah darin jedoch eine Kombination aus Gewalt zur Durchsetzung einer Vermögensschädigung. Die Anklage am Amtsgericht lautete daher Räuberische Erpressung. Das kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden.

Zum Prozessauftakt ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger eine Erklärung abgeben. Darin unterstellte er, der Taxifahrer habe versucht, ihn zu betrügen, indem er einen überhöhten Fahrpreis verlangt habe. Der Taxifahrer habe noch in München eine Anzahlung in Höhe von 30 Euro verlangt und dann den Taxameter nicht eingeschaltet, obwohl er mehrmals darum gebeten hatte. Aufgrund seiner Alkoholisierung habe er sich aber nicht durchsetzen können. Am Ziel in Erding habe er pauschal weitere 70 Euro verlangt und ihn angebrüllt, er solle zahlen. Bei einer Abwehrbewegung habe er den Taxifahrer leicht verletzt. Dieser habe ihn am Gürtel gepackt und zu seiner Haustür geschleift. Seine Mutter, die vom Sturmklingeln des Taxifahrers aufgewacht sei, habe dann die 70 Euro bezahlt. Der Angeklagte habe dabei blutende Kratzer an der Nase und am Arm davon getragen.

Der Taxifahrer, der als Zeuge und Nebenkläger auftrat, hatte jene Nacht etwas anders in Erinnerung. Sein Fahrgast sei gegen Mitternacht am Hauptbahnhof eingestiegen, wobei er dessen Alkoholisierung unterschätzt habe. Er sei losgefahren und habe dann gesagt, dass eine Fahrt nach Erding etwa 100 Euro koste und ob sein Fahrgast auch genügend Geld bei sich habe. Der Erdinger habe daraufhin 30 Euro aus der Geldbörse genommen, sie als Anzahlung deklariert und aufs Armaturenbrett gelegt. Dann wollte er schlafen und erst an der Therme geweckt werden, ab dort werde er das Taxi bis zu seiner Wohnung lotsen. Auf den letzten Metern wurde der Taxifahrer stutzig, weil sein Fahrgast nach der Türklinke suchte und ihn bat, mitten auf einer Kreuzung anzuhalten. Als er davonlaufen wollte, habe er ihn am Gürtel festgehalten, "eine in die Fresse bekommen" und der Erdinger sei dann nach Hause gewackelt. Er sei ihm hinterher und an der Haustür habe er dann die Mutter des Fahrgastes herausklingeln können. Der Erdinger habe die Mutter dann aufgefordert, die fehlenden 70 Euro zu bezahlen, denn der Taxameter habe 103 Euro angezeigt. Das Geld habe er bekommen, dann sei er zur Polizeiinspektion Erding gefahren und habe den Vorfall angezeigt. Die Beamten machten beim Taxigast noch in der Nacht einen Alkoholtest, der rückgerechnet auf die Tatzeit einen Wert von mehr als drei Promille ergab. Ein Umstand, der ihm verminderte Schuldfähigkeit einbrachte.

Die Strategie des Verteidigers zielte darauf ab, den Taxifahrer als unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Er forderte ihn zu minutiösen Angaben auf und zerpflückte kleinste Details. Dem 71-jährige Taxifahrer wurde es dann zu viel, wie ein Lügner vorgeführt zu werden: "Das nächste mal kaufe ich mir eine Stoppuhr und eine Kamera", sagte er gereizt. Auch Björn Schindler, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts, konnte die "unglaublichen Widersprüche" die der Verteidiger geltend machte, nicht nachvollziehen.

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf schuldig und forderte zehn Monate auf Bewährung und 1500 Euro Geldauflage. Der Verteidiger forderte "im Zweifel für den Angeklagten" erst einen Freispruch und im Falle einer Verurteilung verminderte Schuldfähigkeit anzuwenden.

Das Gericht berücksichtigte, dass der Erdinger seine Mutter gebeten hatte, die 70 Euro zu bezahlen. Damit sei er "vom Versuch der räuberischen Erpressung zurückgetreten". Der Mann wurde lediglich wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 90 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Dabei wurde auch die verminderte Schuldfähigkeit berücksichtigt.

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