Amtsgericht Erding:Schläge und Tritte in der S-Bahn

Vorbestrafter 23-Jähriger wird wegen Körperverletzung zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Bestimmt nicht ihren besten Tag hatten am 27. März 2018 ein 23-Jähriger und seine damals 21-jährige Freundin. Doch kein Grund, ihren Frust an völlig Unbeteiligten erst am Altenerdinger Bahnhof und anschließend in der S-Bahn nach München auszulassen, ehe sie in Poing von der Polizei aus dem Zug gezogen wurden. Vor allem der 23-Jährige tat sich dabei mit äußerster Aggressivität hervor. Er und seine Freundin standen deshalb nun vor dem Amtsgericht Erding. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen gefährliche und vorsätzliche Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und Nötigung vor. Die 21-Jährige musste sich zudem wegen Sachbeschädigung und Drogenbesitz in einem anderen Fall verantworten.

Zwar konnte vor Gericht die gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung nach der Anhörung von zwölf Zeugen nicht bewiesen werden, aber weil der 23-Jährige schon mehrfach einschlägig bestraft worden und erst ein paar Monate zuvor aus dem Gefängnis gekommen war, verurteilte ihn Richterin Michaela Wawerla zu einer Haftstrafe von einen Jahr - ohne Bewährung. Die 21-Jährige erhielt sechs Monate, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, und muss 80 Sozialstunden ableisten.

Was genau an dem Tag nach 23 Uhr geschen war, daran konnten oder wollten sich beide Angeklagte vor Gericht nicht mehr erinnern, da man an dem Tag und auch den Tag davor jede Menge Alkohol und auch Drogen konsumiert habe. Dafür konnten sich alle Zeugen zumindest im Groben erinnern. Zum Beispiel die Gruppe Jugendlicher, die zu der Uhrzeit nach einem Besuch der Therme am Bahnsteig Altenerding stand. Sie berichteten, dass sie im Kreis herum gestanden seien und auf die S-Bahn gewartet haben. Dann sei plötzlich der Angeklagte in ihre Mitte getreten und habe sie angeschrien, was sie so blöd schauen würden. Und völlig unvermittelt habe er dem Ersten in der Gruppe eine heftige Ohrfeige verpasst. Anschließend sei es mit Schlägen und Tritten gegen zwei andere Freunde weiter gegangen. Als dann die S-Bahn eingefahren sei, habe die Angeklagte ihnen zu verstehen gegeben, dass sie nicht einsteigen sollten, weil sie sonst zu Tode gewatscht würden von ihrem Freund. Sie blieben draußen und warteten auf die alarmierte Polizei.

In der S-Bahn ging es weiter. Zunächst, so Zeugen, hätten die beiden Angeklagten untereinander gestritten, vermutlich um Geld. Doch dann hatte der 23-Jährige neue "Opfer" erspäht, und es lief wie bei der Attacke gegen die Jugendlichen am Bahnsteig ab. Erst fragte er zwei in der S-Bahn sitzende Jugendliche, was es zu glotzen gebe, dann gab es schon eine Watschen, der wieder Schläge und Tritte folgten. Zu allem kamen noch diverse Beleidigungen hinzu.

Nicht durch Zeugenaussagen bewiesen werden konnte der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass die 21-Jährige sich an den Schlägen aktiv beteiligt habe. Einige sagten aus, dass sie eher versucht habe, ihren Freund zu mäßigen. Sie selber sagte aus, dass sie ihn schützen wollte, weil er gegen zwei Jungs gestanden habe. Auch einer der in der S-Bahn Angegriffenen sagte, dass sie zu ihm gesagt habe, er soll ihren Freund nicht anfassen. Sie habe zwar auch zum Schlag ausgeholt, aber ihn nicht getroffen. Zwei Männer haben dann die Kontrahenten getrennt. Die beiden Angeklagten sollen aber im Zug auch noch andere Personen verbal angegangen haben. Da in der Zwischenzeit jemand die Polizei angerufen hatte, wartete diese schon in Poing auf das Duo. Auch dort muss es Beleidigungen gegenüber den Beamten gegeben haben.

Die 21-Jährige musste sich aber auch noch wegen einer anderen Sache verantworten: Am 8. Juli 2018 hatte sie die Scheibe einer Türe in der Kirchengasse mit der Faust eingeschlagen. Das hatten Zeugen gesehen und die Polizei alarmiert. Erst wollte sie gegenüber den Beamten ihre Personalien nicht angeben, dann zog sie zur Überraschung der Polizistin ein Tütchen mit 1,2 Gramm Marihuana aus ihrem BH und übergab die Drogen. Es folgten laut Beamtin verschiedene Beleidigungen. "Das ganze Repertoire, das sie wohl kannte", so die Polizistin.

Richterin Wawerla fand vor allem für den 23-jährigen Angeklagten deutliche Worte: "Sie haben es bis heute nicht begriffen, um was es geht, dass es nicht gut ist für Sie, wenn Sie Drogen nehmen." Und er lerne auch nicht aus den früheren Urteilen für seine Straftaten. Und davon gab es acht, größtenteils einschlägige. Bereits 2011, also mit 16 Jahren, stand er wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung vor Gericht. Dazu kamen später noch unerlaubter Besitz von Drogen, Computerbetrug und weitere Körperverletzungen. Auch dass der Angeklagte beteuerte, jetzt Therapien zu machen und sogar eine feste Arbeitsstelle gefunden zu haben, überzeugte Wawerla nicht. Sie sah für den Angeklagten keinerlei positive Sozialprognose. Man könne nur hoffen, dass er aus dieser Haftstrafe endlich lerne.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: