Amtsgericht Erding:Pornofotos landen bei Kind

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Angeklagter beteuert, Bilder aus Versehen gesendet zu haben

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Das Internet bietet gerade bei der Verbreitung von Pornografie eine große Plattform. Vor allem Chatprogramme wie Whatsapp, die auf den meisten Mobiltelefonen laufen, werden gerne genutzt, um Bilder oder Filme zu teilen. Alles kein Problem, solange es sich nicht um Bilder handelt, die strafbare Handlungen zeigen oder an Jugendliche versendet werden, wie im Falle eines 64-jährigen Angeklagten am Amtsgericht. Von dessen Handy wurden Sexszenen an eine Zehnjährige gesendet. Ihre Mutter entdeckte die Bilder und erstattete Anzeige. Der Angeklagte leugnete das Versenden zwar nicht, aber Ziel sei nicht das Kind gewesen. Er habe die Telefonnummer von einem Kollegen bekommen und gedacht, es sei dessen Nummer. Da das Handy nicht vollständig kriminaltechnisch ausgewertet worden war, um Klarheit zu bekommen, wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage von 1600 Euro eingestellt.

Der 64-Jährige war sichtlich nervös und beeindruckt, als er auf der Anklageseite neben seinem Verteidiger Platz nahm. Er habe noch nie mit einem Gericht zu tun gehabt und auch nicht mit der Polizei, die eines Tages vor seiner Tür stand und ihn zu dem Vorfall befragte und sein Handy beschlagnahmte. Für die Staatsanwaltschaft war die Sache klar: Von seinem Handy wurden nachweislich pornografische Fotos an den Whatsapp-Account des Kindes gesendet. Doch nach Aussage des Angeklagten war das nie seine Absicht. Er habe von einem Kollegen eine Handynummer bekommen, damit er dem die Fotos senden könne. Dazu habe er in seinem Smartphone einen neuen Kontakt angelegt. Kaum seien die Bilder versendet gewesen, habe er vom Kollegen eine neue Telefonnummer erhalten, diesmal die richtige, und die Bilder erneut versendet, so der 64-Jährige.

Richterin Michaela Wawerla fragte, ob er denn vor dem Versenden sich nicht das Profilbild des Empfängers angesehen habe: drei Kinder. Da habe er doch stutzig werden müssen. Gesehen habe er es schon kurz, aber gedacht, es seien vielleicht die Kinder des Kollegen. Wie der aber genau heißt, konnte er nicht angeben, und die Polizei hatte in dieser Richtung auch nicht weiter ermittelt. Auch ob sich die Telefonnummer des Kindes noch auf dem beschlagnahmten Handy befindet, konnte ohne weiteren Auswertung nicht sicher beantwortet werden.

Der Verteidiger des 64-Jährigen setzte auf mehrere Wege, um ihn zu entlasten: Zum einen sei sein Mandant erst seit kurzem Besitzer eines Smartphones, und deshalb sei er mit dessen Funktionen noch nicht sehr vertraut. Zum anderen müsse man den Kollegen ermitteln, der die Aussage des 64-Jährigen bestätigen könne. Doch der Angeklagte konnte nur dessen Vornamen nennen. Zudem, so der Verteidiger, dürfen nach den Nutzungsbedingungen des Programmanbieters Zehnjährige gar keinen Whatsapp-Account haben. Nicht mal mit elterlicher Zustimmung. Deshalb habe sein Mandant erst gar nicht vermuten können, dass die Bilder an eine Minderjährige gehen könnten. Kommentar von Richterin Wawerla: "Daran hält sich aber der Großteil der Jugendlichen offenbar nicht."

Um weitere umfangreiche Ermittlungen zu vermeiden, einigten sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und die Amtsrichterin auf Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage in Höhe von 40 Tagessätze zu je 40 Euro, weil der Angeklagte nach Meinung von Michaela Wawerla auf jeden Fall grob fahrlässig gehandelt habe, als er ohne nähere Prüfung des Accounts die Bilder versendet habe.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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