Amtsgericht Erding lehnt Adoption ab:Zu viel des Guten

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Richter betont: Ein erwachsener Mann kann sich nicht gleich von zwei Tanten adoptieren lassen

Von Florian Tempel, Erding

Man muss sich wohl kaum falsche Vorstellungen machen. Wenn sich Erwachsene von anderen Erwachsenen adoptieren lassen wollen, dann tun sie das in den meisten Fällen aus einem schnöden Grund: um Erbschaftssteuer zu sparen. Das Amtsgericht Erding hatte es unlängst mit einem besonderen Fall der Erwachsenenadoption zu tun. Ein erwachsener Mann aus dem Landkreis Erding, dessen Eltern noch leben, hatte sich zusätzlich von einer Tante adoptieren lassen. Danach wollte er sich auch noch von einer zweiten Tante an Kindes statt annehmen lassen. Das war dem Gericht zu viel. Es genehmigte die zweite Adoption nicht.

In einer Pressemitteilung des Amtsgerichts wird das kuriose Gerichtsverfahren als Fall des Monats geschildert: Der Mann und seine Tante leben beide im Landkreis Erding. Zusammen beantragten sie beim Amtsgericht, dass der Mann, der selbst Familienvater ist, künftig das Adoptivkind seiner ledigen Tante sein sollte. Als Begründung führten sie aus, dass der Neffe schon seit Kindheitstagen seiner Tante - und deren Geschwistern - häufig auf ihrem Bauernhof bei der Arbeit geholfen habe. Auch jetzt unterstütze er sie in großem Umfang im Alltag. Über die Jahre sei so zwischen ihnen ein Verhältnis wie zwischen einer Mutter und einem Sohn entstanden.

Nur wenige Monate zuvor hatte sich derselbe Mann bereits von der Schwester seiner Tante adoptieren lassen. Das Amtsgericht hatte diese erste Adoption, für deren Begründung "inhaltlich der nahezu gleiche Sachverhalt vorgetragen worden war", genehmigt. Den zweiten Antrag auf Adoption lehnte das Gericht aber ab.

Zwar seien mehrere Adoptionen bei Erwachsenen prinzipiell rechtlich möglich. Gleichwohl müsse das Gericht bei jeder Adoption der Überzeugung sein, dass die Adoption "sittlich gerechtfertigt ist". Das bedeutet, dass tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist oder wenigstens noch entstehen könnte. Daran hatte das Amtsgericht Erding bei der zweiten beantragten Adoption allerdings seine Zweifel.

In seinem Beschluss erklärte der Richter, es bedürfe schon einer "engen emotionalen Verbundenheit", und dieses "familienbezogene Motiv" müsse der Hauptgrund für die Adoption sein. Die Aussicht auf eine Ersparnis von Schenkungs- und Erbschaftssteuer, sei "nicht schädlich" und so lange okay, so lange es sich "nur um Nebenmotive handelt".

Im konkreten Fall hätten sich die Beteiligten zwar seit vielen Jahren bei der Erledigung alltäglicher Angelegenheiten gegenseitig nach Kräften unterstützt. Dennoch sei "nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen gewesen, dass sie auch in einer Weise miteinander emotional verbunden seien, die über ein gutes Verhältnis hinausgehe, wie es auch zwischen einem Neffen und seiner Tante gepflegt werden kann". Außerdem hatte der Mann "nach eigener Darstellung auch eine emotional starke Bindung zu seinen leiblichen Eltern" - und darüber hinaus auch noch zu der ersten Tante, die ihn erfolgreich adoptiert hatte. Dass auch noch zu seiner zweiten Tante eine Mutter-Sohn-Beziehung vorliege - gewissermaßen die dritte ihrer Art - konnte das Gericht kaum glauben.

Der Mann und seine Tante legten gegen die Ablehnung der Adoption beim Oberlandesgericht München (OLG) Beschwerde ein. Das erteilte daraufhin den Hinweis, dass "eine Aneinanderreihung von mehreren nebeneinander fortbestehenden Eltern-Kind-Verhältnissen nur in extremen Ausnahmefällen sittlich gerechtfertigt sei". Der Mann und seiner Tante zogen ihre Beschwerde zurück, so dass der Beschluss des Amtsgerichts rechtskräftig wurde (Az.: 2 F 145/18).

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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