Amtsgericht Erding:Hart an der Grenze

Ein 33-Jähriger aus Afghanistan hat zwei Frauen in der Therme sexuell belästigt. Er zeigt sich geständig. Vom Richter wird er zu 90 Tagessätzen verurteilt und gilt damit gerade noch als nicht vorbestraft.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Dass Sie nicht abgeschoben werden, verdanken Sie nur der liberalen Einstellung der Geschädigten und dass Sie kein Interesse daran hat." Das hat Amtsrichter Andreas Wassermann zum Abschluss der Verhandlung wegen sexueller Nötigung in der Therme in zwei Fällen gesagt. Dem Angeklagten wurde zudem positiv angerechnet, dass er sich in der Verhandlung bei beiden Opfern entschuldigt hatte - mündlich und mit der Zahlung eines Schmerzensgeldes. Richter Wassermann hatte daraufhin das Strafmaß - der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft lautete auf 140 Tagessätze zu je 15 Euro - auf 90 Tagessätze zu je zehn Euro reduziert. Mit mehr hätte die Behörde den bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Flüchtling aus Afghanistan abschieben können, weil er dann als vorbestraft gilt.

Der 33-Jährige hatte am 23. Dezember 2018 gegen 14.15 Uhr zunächst eine junge Frau im Whirlpool in intimen Regionen berührt. Sie dachte zunächst, es sei die Hand ihres Freundes, ehe sie erschrocken feststellen musste, dass dem nicht so ist. Das Ereignis habe sie lange Zeit sehr mitgenommen, sagte sie vor Gericht, wo sie als Nebenklägerin auftrat. Sie sei eben mit ihrem Studium fertig geworden. Ihre Bachelorarbeit sei ausgerechnet über Migranten und deren Chancen gegangen und wie sich diese verbessern können. Umso belastender sei es für sie, nun von einem Asylbewerber sexuell belästigt worden zu sein. Noch immer merke sie, dass sie bei ihrer Arbeit mit Migranten nicht ganz unvoreingenommen sein könne. "Noch bis heute leide ich darunter. Anfangs hatte ich Albträume auch deshalb. Auch meine Beziehung hat gelitten."

Nach dem Vorfall in der Therme näherte sich der Angeklagte noch einer zweiten jungen Frau. Diese berührte er am Oberschenkel, ehe er gestoppt wurde. Beide Frauen gingen anschließend zur Polizei und erstatteten Anzeige.

Der 33-Jährige erklärte sein Verhalten mit zwei Weinschorlen, die er getrunken habe, wobei er sonst kaum Alkohol trinke, und durch Medikamente, die er aufgrund psychischer Probleme auch an diesem Tag genommen habe. Zudem habe er an dem Tag Stress mit seiner Frau gehabt, die aber nichts von dem Strafverfahren wisse. Es tue ihm leid, was passiert sei. Außerdem überreichte er 700 und 300 Euro an die beiden Frauen und einen Thermengutschein, weil er ihnen den Aufenthalt einen Tag vor Weihnachten dort vermiest hätte.

Bereits kurz nach der Eröffnung des Verfahrens hatte er sich in beiden Fällen geständig gezeigt und den Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Höhe beschränkt. In ihrem Plädoyer lobte die Staatsanwältin zwar das Geständnis, das beiden Opfern eine Aussage erspart habe, und die gezeigte Reue, die "vorbildlich" gewesen sei. Die Belästigung sei aber von "hoher Intensität" gewesen. Sie senkte aber die Tagessatzhöhe nur auf 110 zu je zehn Euro - was weiter einen Eintrag ins Bundeszentralstrafregister bedeutet hätte.

Der Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant bereits durch den Vorfall in der Therme seinen Job verloren habe. Hausverbot hätte er dort auch. Er sprach sich für 60 Tagessätze aus.

Richter Wassermann entschloss sich für eine Strafe exakt an der Grenze zum Vorbestraftsein. Es sei nicht auszuschließen, dass der Alkohol-Medikamenten-Mix eine Rolle gespielt habe, sagte er. Letztlich müsse der Angeklagte aber der hauptsächlich Geschädigten dankbar sein, dass das Urteil so ausfiel. Rechtskräftig ist es aber noch nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: