Amtsgericht Erding:Haftstrafe für Vergewaltigung

Schöffengericht sieht zumindest einem Fall aus der Zeit zwischen 2000 und 2004 als erwiesen an

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Ein 52-jähriger Dorfener ist wegen Vergewaltigung von einem Schöffengericht am Amtsgericht Erding zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er im Zeitraum von 2000 bis 2004 mindestens einmal einen damals 16- bis 20-jährigen Schutzbefohlenen mittels körperlicher Gewalt zum Sex gezwungen hat. In zwei weiteren Fällen in dem mehr als 15 Jahre zurück liegenden Zeitraum wertete das Gericht "im Zweifelsfall für den Angeklagten" und sprach ihn frei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft erhoben hatte, waren massiv. Der Angeklagte sollte damals den jungen Mann in drei Fällen zum Sex gezwungen haben, in einem Fall sogar mit einer dritten Person. Zur Verhandlung nach der langen Zeit war es nur deshalb gekommen, weil eine Cousine des 52-Jährigen im vergangenen Jahr von ihrem Sohn erfahren hatte, dass auch der einmal Sex mit dem Angeklagten hatte - ungefähr im gleichen Zeitraum und im gleichen Alter wie das Opfer damals. Daraufhin ging sie zur Polizei und erzählte von einem Vorfall, den sie damals selber gesehen hatte, damals aber nicht einordnen konnte, wie sie vor Gericht aussagte. Sie sei einmal in die Wohnung des Angeklagten gekommen und habe gesehen, wie der Angeklagte mit dem damals bei ihm schon wohnenden jungen Mann Sex gehabt habe. Sie sei gleich wieder gegangen, nur der Junge habe sie bestimmt kurz gesehen. Nachdem sie danach nichts von ihm gehört habe, sei sie davon ausgegangen, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei. Die Polizei startete Ermittlungen - zunächst wegen dem Verdachts von Sex mit Schutzbefohlenen. Doch bei der Befragung des heute 35-Jährigen kamen schnell andere Vorfälle ans Licht.

Zunächst nur stockend. Vor Gericht sagte das Opfer des Angeklagten aus, dass er eigentlich mit der Zeit damals abgeschlossen hatte, aber der Anruf der Polizei wieder vieles in Erinnerung brachte. Er habe als 15-Jähriger bei einer Schaustellerfamilien auf dem Erdinger Herbstfest gejobbt. Mit Einverständnis der Eltern. Dort sei er mit dem Angeklagten ins Gespräch gekommen. Aus kurzen Treffen wurden Wochenende und irgendwann sei er bei ihm eingezogen. Allerdings nicht ganz freiwillig wohl. Der Angeklagte habe ihn immer mehr von seinen Eltern entfremdet, sie würden sich nicht um ihn kümmern, er werde ihm aber helfen. Als er eingezogen war, wurde er schnell isoliert, erhielt ein Kontaktverbot zu seinen Eltern. Und irgendwann sei es zu ersten sexuellen Handlungen gekommen.

"Ich war damals jung und dumm", sagte er vor Gericht. "Irgendwann habe ich nicht mehr gewusst, wem ich glauben soll und habe alles hingenommen." Unter anderem auch Sex. Und wenn er nicht wollte, habe es schon mal die eine oder andere Watsche gegeben. An einen Vorfall auf einer Massagebank im Bad konnte er sich besonders erinnern, "er hat sich in mein Hirn gebrannt", sagte er aus. Er habe keinen Sex gewollt, sei aber dann an Armen und Füßen festgehalten worden und der Angeklagte habe den ungeschützten Geschlechtsakt vollzogen, obwohl er sich gewehrt und Nein gesagt habe. Bei zwei anderen Fällen, die die Staatsanwaltschaft aufgrund seiner früheren Aussagen bei der Polizei anführte, habe er keine 100-prozentigen Erinnerungen mehr.

"Wenn man es jeden Tag vorgesagt bekommt, glaubt man irgendwann, dass man selber doch schuld ist an dem was passiert", sagte er. Er habe ab einen gewissen Zeitpunkt mehr oder weniger alles über sich ergehen lassen und sich seinem "Schicksal" gefügt. Und aus Scham und Angst keinem was gesagt. Erst als er seine spätere Frau kennen lernte, habe er gesehen, dass es in der Welt auch anders zugehen kann und sich Stück für Stück befreien können, was letztendlich in seinem Auszug mündete.

Für den Staatsanwalt hatte sich nach der Beweisaufnahme - insgesamt waren sieben Zeugen befragt worden - bestätigt, dass zumindest der Vorfall auf der Massagebank eine Vergewaltigung war. Die Aussage des damals jungen Mannes seien plausibel und glaubhaft. Er habe auch keinerlei Belastungseifer an den Tag gelegt, eher sogar im Gegenteil. Da der nicht vorbestrafte Angeklagte alles abstritt, war bei einer Verurteilung bei einer Mindeststrafe von zwei Jahren auch keine Bewährung mehr möglich. Für eine Vergewaltigung kann das Strafmaß sogar bis 15 Jahren gehen.

Im Gegensatz zum Verteidiger sah auch das Schöffengericht unter Richter Björn Schindler zumindest den einen Fall als bewiesen an. Dass es bei den zwei Jahren und drei Monaten blieb, habe der Angeklagte dem langen Zeitraum zwischen der Tat und der Verhandlung zu verdanken, sagt der Amtsrichter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: