Amtsgericht Erding:Haftstrafe für Attacke mit Feuerwerksrakete

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Die Erdinger lassen es krachen an Silvester. Einer hat es übertrieben, zielte in eine Menschengruppe und bekam dafür nun eine Bewährungsstrafe. Mittlerweile denkt die Stadtpolitik über ein grundsätzliches Verbot nach. (Foto: Peter Bauersachs)

Angeklagter feuert an Silvester in Menschengruppe. Ein Schöffengericht wertet dies als vorsätzliche Körperverletzung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion. Das Urteil wird "gerade noch" zur Bewährung auf fünf Jahre ausgesetzt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit der ebenfalls vorsätzlichen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion ist ein 43-jähriger Erdinger am Mittwoch von einem Schöffengericht am Amtsgericht Erding zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Der Mann hatte in der Silvesternacht kurz nach Mitternacht eine Feuerwerksrakete in eine Menschengruppe in der Bräuhausgasse abgefeuert. Zum Glück wurde dabei niemand ernsthaft verletzt, eine 25-Jährige hatte aber durch herumfliegende Funken des explodierenden Feuerwerkskörpers Schmerzen an der Hand erlitten. Es hätte aber auch schlimmer ausgehen können, sagte Richter Björn Schindler. Die Freiheitsstrafe wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

In der Erdinger Altstadt war in der Silvesternacht wie stets viel los. Vor allem kurz nach Mitternacht. Auch eine Gruppe Jugendlicher war aus ihrem Lokal auf die Straße beziehungsweise den Schrannenplatz und Kleinen Platz gegangen. Darunter die 25-Jährige. Sie sei in der Nacht auf Höhe des Weltbild-Ladens an der Mauer gestanden, sagte sie vor Gericht aus. Etwas weiter in die Gasse hinein seien ein Mann, der Angeklagte und eine Frau gestanden. Er habe aus einer hoch gehaltenen Hand eine Feuerwerksrakete abgeschossen, sagt sie, und deshalb seien alle um sie schon ein wenig nervös gewesen, da es sich um keine ungefährliche Situation gehandelt habe. Ein paar Männer seien dann auf den Angeklagten zugegangen und hätten ihm wohl gesagt, dass er das unterlassen soll. Plötzlich habe dann jemand gerufen: "Schnell weg, weg!" Im selben Moment sei irgendwas explodiert, konnte sich die Zeugin erinnern. Dabei müsse ein Funke auf ihre Hand geflogen sein, es habe sich angefühlt, als würde sie kurz in die Flammenspitze einer Kerze langen. Eine sichtbare Verletzung sei aber nicht entstanden. Kurze Zeit später sei auch schon die Polizei gekommen.

Die hatte nach Aussage des ermittelnden Polizeibeamten vor Gericht ihre liebe Not, den sehr aggressiven Angeklagten zu beruhigen. Erst als weiter Unterstützung eingetroffen sei und man dem 43-Jährigen mit "weiteren Maßnahmen" gedroht habe, sei er "runter gekommen", nachdem er zunächst immer nur geschrien und sich geweigert habe, seine Ausweispapiere zu zeigen. Die Tat habe er geleugnet und gesagt, er könne tun und lassen was er wolle. Ein dann doch freiwillig vorgenommener Atemalkoholtest habe einen umgerechneten Wert von rund 1,5 Promille Alkohol im Blut ergeben. Ein Wirt habe den Beamten zudem erklärt, dass der Angeklagte schon an Silvester davor "Probleme" gemacht habe. Welche, konnte der Polizeibeamte auf Nachfrage von Amtsrichter Schindler nicht sagen.

Bei der Befragung von nur zwei Zeugen ist es dann letztlich geblieben, da sich der 43-Jährige nach einem "Verfahrensgespräch" zwischen dem Schöffengericht, dem Staatsanwalt und dem Pflichtverteidiger voll geständig gezeigt hatte und es damit nur noch um das Strafmaß in der Verhandlung ging - und das sollte zwischen einem Jahr und sechs Monaten und einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe liegen. Jeweils ausgesetzt auf fünf Jahre zur Bewährung.

Das Schöffengericht schloss sich nach kurzer Beratung letztlich der Forderung des Staatsanwaltes an. Zwar haben ein paar Punkte für den Angeklagten gesprochen - sein Geständnis, seine Entschuldigung gegenüber der Geschädigten, der er noch im Gerichtssaal 250 Euro Schmerzensgeld freiwillig überreichte -, schwerwiegendere aber gegen ihn. Mit dem Abfeuern der Rakete habe er billigend Verletzungen in Kauf genommen. Letztendlich sei zwar alles "noch gut" ausgegangen, aber "es hätte auch ins Auge gehen können". Zudem hat der Angeklagte bereits Vorstrafen wegen Körperverletzung und vor sieben Jahren verbüßte er deshalb sogar eine Haftstrafe. Richter Schindler ermahnte den Angeklagten, sich klar zu sein, dass er sich in der Bewährungszeit nichts mehr zu schulden kommen lassen dürfe, sonst lande er im Gefängnis. Die Bewährung habe man "gerade noch" aussprechen können. Auch die 52-Jährige hofft, dass er nie wieder so was mache. Das Schmerzensgeld nahm sie zwar an, um es zu spenden.

© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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