Amtsgericht Erding:Geständnis eines Vaters

Als gesetzlicher Betreuer seiner behinderten Tochter hat ein Mann aus Lengdorf 36.000 Euro veruntreut. Dennoch kam er mit einer milden Strafe davon.

Florian Tempel

Ein 63-jähriger Mann aus Lengdorf, der als gesetzlicher Betreuer seiner behinderten Tochter rund 36.000 Euro veruntreut hat und bei der Beantragung von Sozialhilfe später deren Mittellosigkeit vortäuschte, ist zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Es war bereits der dritte Fall gegen einen betrügerischen Verwandten-Betreuer, der in diesem Jahr am Amtsgericht Erding verhandelt wurde. Zuletzt war im Mai ein Ehepaar aus Fraunberg, das sich am Vermögen einer betagten Tante bedient hatte, zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden.

Amtsgericht Erding: 36.000 Euro veruntreut: Ein 63-Jähriger wurde vom Amtsgericht Erding zu einer Bewährungsstrafe verurteitl.

36.000 Euro veruntreut: Ein 63-Jähriger wurde vom Amtsgericht Erding zu einer Bewährungsstrafe verurteitl.

(Foto: dapd)

Der Vorsitzende Richter Winfried Semmer machte gleich zu Beginn des Prozesses deutlich, dass den Angeklagten nur ein umfassendes Geständnis vor einem Gefängnisaufenthalt bewahren könne. Da zudem die Beweislage eindeutig war, versuchte der Mann gar nicht erst, sich herauszureden.

Im Juni 2000 war er gesetzlicher Betreuer seiner Tochter geworden. Wenig später verkaufte er ein geerbtes Grundstück, das zu einem Viertel auch seinem Kind gehörte. Den Anteil vom Erlös, der seiner Tochter zustand, hätte er treuhänderisch verwalten müssen. Er tat das nicht. Er räumte in den folgenden eineinhalb Jahren das Konto, auf das er von vornherein nicht einmal den vollen Betrag einzahlt hatte, komplett ab. Mit dem Geld bestritt er einen Teil des Lebensunterhaltes für sich und seine Tochter, die damals noch bei ihm lebte. Gleichwohl waren die Abhebungen unzweifelhaft Veruntreuungen.

Einige Zeit später zog die Tochter in eine Behinderteneinrichtung und der Angeklagte beantragte Sozialhilfe für sie. Dabei verschwieg er bewusst, dass seine Tochter noch Miterbin eines weiteren Grundstücks war. Damit täuschte er den Bezirk Oberbayern, der fortan den Lebensunterhalt seiner Tochter aus Steuermitteln finanzierte, über ihre wahren Vermögensverhältnisse. Der Angeklagte beging also einen klassischen Sozialhilfebetrug, auch wenn er persönlich nichts davon hatte.

Seine Motivation war offensichtlich diese: Hätte er angegeben, dass seine Tochter Miteigentümerin eines Grundstücks war, hätte der Bezirk Oberbayern womöglich auf einen Verkauf gedrängt und dann den der Tochter zustehenden Erlös einkassiert. Sein Kind hätte dann ebenfalls nichts von ihrem Erbe gehabt. Als im vergangenen Jahr ein Teil des Grundstücks verkauft wurde, kassierte der Bezirk Oberbayern umgehend den Anteil der Tochter in Höhe von 26.000 Euro ein.

Verteidigerin Barbara von Stetten verwies in ihrem Plädoyer darauf, dass der Allgemeinheit gar kein Schaden entstanden sei. Wenn der Rest des Grundstücks verkauft werden sollte, werde die zuständige Sozialhilfestelle des Bezirks Oberbayern erneut Geld erhalten.

Das Gericht berücksichtigte diesen Umstand strafmildernd. An der Strafbarkeit des Täuschungsversuchs änderte es allerdings nichts. Richter Semmer hielt dem Angeklagte auch zugute, dass er sich als allein erziehender Vater "tatsächlich um sein Kind gekümmert habe" und sie, auch wenn die Tochter nunmehr in einer Behinderteneinrichtung lebt, regelmäßig besuche und mit ihr Urlaub mache.

Das verhängte Strafmaß von zwei Jahren Gefängnis, die Höchstgrenze dessen, was gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, machte jedoch auch deutlich, dass das Gericht die Taten als ganz massive Delikte einstufte - wie schon in den ähnlich gelagerten Fällen dieses Jahres.

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