Amtsgericht Erding:Filialleiter einer Bank tappt in Sex-Falle

Wegen räuberischer Erpressung werden vier der fünf Angeklagten am Amtsgericht zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Es gibt Fälle, die am Amtsgericht Erding verhandelt werden, die sind so unglaublich, dass man meine könnte, sie habe ein Kriminalbuchautor ersonnen. Wie am Mittwoch im Falle einer räuberischen Erpressung mit insgesamt fünf Angeklagten - vier junge Männer zwischen 22 und 26 Jahren und eine 24-Jährige. Das Opfer: ein Bankfilialenleiter aus dem Landkreis Erding. Einer der Angeklagten, der 22-Jährige, hatte den Mann zunächst mit einem Fakeprofil auf einer Onlineseite für Sexdates (Sugardaters) geködert. Bei einem Bordellbesuch in Herford, bei dem es jede Menge Alkohol und Koks gab, fassten drei der Männer den Beschluss, den "dicken Fisch" auszunehmen, da ihnen das Geld ausging. Sie luden in Hannover noch die 24-Jährige ein, die als Prostituierte arbeitete, und fuhren nach Bayern. Zur Bank im Landkreis Freising, in der der Filialleiter arbeitete.

Einen richtigen Tatplan gab es bei der Losfahrt gegen 5 Uhr früh in Richtung Süden nicht, wie die Angeklagten schilderten. Klar war nur, dass der Mann zu einem Sexdate in die Bank bestellt werden sollte. Dazu benutzte der 22-Jährige Whatsapp. Die 24-Jährige hatte man mitgenommen, weil der Bankangestellte bisher in Unkenntnis, dass es sich um ein Fakeprofil handelt, nur schriftlich mit der vermeintlichen Frau gechattet hatte. Allerdings hatte der Angeklagte das Profil an der 24-Jährigen ausgerichtet und Fotos von ihr verwendet. Zur Tatzeit hatte sie bei der Familie des 22-Jährigen gewohnt.

Auf der Fahrt wurde dann nach ihren Angaben, beziehungsweise denen ihrer Verteidiger, verschiedene Pläne geschmiedet. Sogar die Idee eines Banküberfalls sei aufgekommen. Nachdem man die Bank von außen besichtigt hatte, fuhr man zu einem Baumarkt weiter, um Kabelbinder, ein Brecheisen und Maleroveralls zu kaufen. Was aber alles nicht zum Einsatz kam.

Zurück an der Bank hat dann der Filialleiter gegen 21.30 Uhr die junge Frau in die Bank gelassen. Ob es dann tatsächlich zum Sex kam, blieb offen in der Verhandlung. Jedenfalls erhielt die 24-Jährige einen Anruf. Gegenüber dem Mann gab sie an, dass ihr Ex-Freund und Zuhälter vor dem Gebäude stehe und Geld wolle, das sie ihm noch schulde. 5000 Euro. Anrufer war einer der Täter. Nachdem der Filialleiter erklärt hatte, dass er nicht so viel Geld habe, versuchte man mittels Drohungen - "Sonst wird es scheppern" und dass es bestimmt seiner Karriere schaden würde, wenn heraus komme, dass er im Büro Sex mit einer Prostituieren habe - Druck auf ihn aufzubauen.

Letztlich einigte man sich auf 500 Euro, die die 24-Jährige vom Konto des Bankangestellten abhob, nachdem sie seine EC-Karte samt PIN erhalten hatte. In der Zwischenzeit hatte der Mann aber den Notrufknopf gedrückt, und es wurde Alarm bei der Polizei ausgelöst. Eine Streife fuhr zur Bank. Ein Banküberfall wurde wegen der späten Uhrzeit zunächst ausgeschlossen. Erst als der Filialleiter sich aus einem Nebenfenster an die Beamten wandte, wurde das Gebäude umstellt. Gefasst werden konnte aber nur noch die 24-Jährige, die vier Komplizen hatten das Weite gesucht und waren schon wieder Richtung Hannover unterwegs. Die 500 Euro gingen für Benzin, Essen und Alkohol drauf.

Dass die 24-Jährige am Schluss nicht als einzige Angeklagte vor Gericht stand, verdanke sie ihrem Geständnis am nächsten Tag, sagte Amtsrichter Björn Schindler. Denn sie gab den Ermittlern das Handy samt PIN, das man ihr zuvor in die Hand gedrückt hatte, um in der Bank Kontakt aufnehmen zu können. Über dieses Handy, die Auswertung von Whatsapp-Chats und der Funkzelle an der Bank wurden die vier Mittäter gefasst.

Während die 24-Jährige sowie der Fahrer des Autos, der Älteste in der Gruppe, noch keine Vorstrafen hatten, war die Liste der drei anderen trotz ihres Alters ziemlich lang. Und allen drei gemeinsam war, dass sie schon mit teilweise 12 oder 13 Jahren mit Drogen in Kontakt gekommen waren und sie seitdem mit kleinen Unterbrechungen konsumierten. "Chaotischer wahlloser Konsum", wie der begutachtende Psychologe und Neurologe sagte. Die Straftaten reichten von Diebstahl über gefährliche Körperverletzung bis hin zu Drogenhandel und Menschenraub.

Das Schöffengericht unter Amtsrichter Schindler blieb bei den Urteilen etwas unter den Forderungen der Staatsanwältin. Der 22-Jährige wurde als Haupttäter zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt, zwei weitere Angeklagte zu zwei Jahren und elf Monaten - jeweils ohne Bewährung. Beim 22-Jährigen hatte der Gutachter keine Chance auf erfolgreiche Therapie gesehen, dafür eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, wieder straffällig zu werden. Der Fahrer wurde nur wegen Beihilfe zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 80 Sozialstunden verurteilt. Die 24-Jährige, die von ihrem Mann zur Prostitution gebracht worden war, hätte zwar die einjährige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt bekommen, aber sie wollte lieber im Gefängnis bleiben. Dort habe sie erstmals ein strukturiertes Leben, von dort aus wolle sie mit Hilfe versuchen, ein neues Leben zu beginnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: