Amtsgericht Erding:Eskalierende Eifersucht

Ein 23-Jähriger schrammt um Haaresbreite an einer Haftstrafe vorbei. Er hatte seine frühere Freundin mit Nacktbildern unter Druck gesetzt und bedroht. Vor Gericht zeigt er sich geständig

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Sie sind nur knapp daran vorbei geschrammt, dass Sie ins Gefängnis müssen." Das hat Amtsrichter Andreas Wassermann zu dem Angeklagten gesagt, denn der stand zum Zeitpunkt seiner Straftaten unter offener Bewährung. 2017 war der heute 23-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt worden - drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Wegen Körperverletzung war er auch diesmal angeklagt, unter anderem. Die Anklage lautet auch auf Verbreitung pornografischer Schriften, versuchte Nötigung, Androhung einer Straftat, Beleidigung, Bedrohung und Verstoß gegen das Kunsturheberrecht, weshalb ihn der Richter zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 19 Euro verurteilte.

Der Angeklagte war im Frühjahr 2017 mit einer damals 18-Jährigen in Taufkirchen eine Liebesbeziehung eingegangen. Ein Jahr später eskalierte aber seine Eifersucht, die auch vorher schon aufgetreten war, wie die heute 20-Jährige vor Gericht aussagte. Sie wollte damals beruflich für drei Monate nach England mit einer Arbeitskollegin. Das wollte aber der Angeklagte nicht und drohte ihr, dass er Nacktfotos von ihr, die in gemeinsamer Billigung gemacht worden waren, veröffentlichen und an ihre Mutter schicken würde. Die Drohung habe sie nicht ganz so ernst genommen, sagte die 20-Jährige, sie sei trotzdem gefahren. Daraufhin rief der Angeklagte die Mutter an und sagte, dass er ihre Tochter irgendwann umbringen werde. Worauf die Mutter zur Polizei ging, aber vorerst beruhigt war, da ihre Tochter weit weg in England war.

Wenig später legte der Angeklagte auf Facebook ein Profil im Namen seiner Freundin an - samt einem Bild, das ihre untere Körperhälfte nackt zeigte. Dieses Foto hatte er ohne ihr Wissen mit einem Screenshot während eines Videochats gemacht. Zudem verschickte er in ihrem Namen etliche Freundschaftsanfragen. Eine Freundin der Geschädigten alarmierte sie sofort in England, und die Taufkirchenerin ließ das Profil sperren. Fast zwanzig Minuten lang waren die Fotos aber zu sehen - weltweit und von jedermann, da das Profil öffentlich geschaltet worden war.

Der Angeklagte soll außerdem einem vermeintlichen Nebenbuhler eine Ohrfeige verpasst haben, weil dieser angeblich seine Freundin auf Facebook angeschrieben habe. Der Angeklagte beteuerte, dass er ihn nicht geschlagen habe, es seien nur verbale Beleidigungen gefallen. Der Geschlagene schilderte dies vor Gericht anders, verzieh dem Angeklagte aber und zog sogar seine Strafanzeige wegen Körperverletzung zurück.

Richter Wassermann hatte im Gegensatz zu den zwei Verteidigern keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, die in dem Punkt Körperverletzung für ihren Mandanten Freispruch forderten, da Aussage gegen Aussage stehe. Dass er trotzdem nicht eine Haftstrafe antreten muss, verdanke der Angeklagte laut Wassermann den "vielen Pluspunkten", die er in der Verhandlung gesammelt habe. Bis auf die Körperletzung hatte er sich geständig gezeigt, seiner früheren Freundin sogar 1000 Euro Schmerzensgeld angeboten - wovon er 300 Euro sofort bar bezahlte - und sich bei ihr und ihrer Mutter entschuldigt. Die junge Frau, die er danach ein paar Monate bis zum Einschreiten der Polizei gestalkt hatte, nahm diese Entschuldigung vor Gerichte aber nicht an. Mit seinem Urteil blieb der Amtsrichter unter Forderung der Staatsanwältin, zehn Monat Freiheitsstrafe gefordert hatte, dieses Mal ohne Bewährung. Ohne die Pluspunkte hätte das Urteil aber auch anders ausgehen können, sagte Wassermann: "Der Antrag der Staatsanwältin war gut vertretbar."

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