Amtsgericht Erding:Angeklagter sieht keine Schuld

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Amtsrichter verhängt Bewährungsstrafe wegen der Verbreitung von Kinderpornografie.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das musste ein 27-Jähriger vor dem Amtsgericht Erding erst mal lernen. Auch, dass Handys, von denen kinderpornografische Schriften verschickt werden, zu Tatwerkzeugen zählen und deshalb vom Staat eingezogen werden. Bis er dies alles akzeptierte, dauerte es und stellte die Geduld von Amtsrichter Andreas Wassermann auf die Probe. Bei dem verschickten, nur wenige Sekunden langen Video, sah man einen unter 14 Jahre alten Jungen mit erigiertem Penis. Zu Gute kam dem Angeklagten, dass er das Versenden zugab. Trotzdem wurde er zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung.

Dabei hatte der Angeklagte noch Glück, dass seine Tat im Mai 2020 geschah, vor der Verschärfung des Paragrafen 184b des Strafgesetzbuches, wie die Staatsanwältin sagte. Denn in der neuen Fassung werden Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In der alten Fassung war die Mindeststrafe drei Monate.

Der Angeklagte wollte eine Bekannte angeblich nur warnen, vorsichtig zu sein

Der Angeklagte beteuerte, dass er das Video nur deshalb an eine gute Bekannte weiter geschickt habe, um sie darauf hinzuweisen, dass sie ihr Handy nicht einfach ungesichert bei sich herumliegen lassen solle, da sie auch Kinder habe. Auch einen kleinen Text habe er dazu geschrieben. Und dass dies verboten sei in Deutschland, habe er nicht gewusst, erklärte der Nigerianer über seine Dolmetscherin.

Kann man glauben oder auch nicht, meinte die Staatsanwältin. Aber unabhängig von seiner Motivation: Das Video weiter zu schicken, sei in Deutschland strafbar. Seine mögliche Motivation habe nur Einfluss auf die Strafhöhe. Von rechtlichen Gründen, solche Video zu versenden, zum Beispiel bei Ermittlungen, seien seine Gründe aber "meilenweit entfernt", sagte der Amtsrichter.

Sein Handy wollte der 27-Jährige wieder, es wird jedoch eingezogen

Zu Gunsten des 27-Jährigen sprach auch, dass er sein Handy samt Sperrnummer sofort herausrückte, als die Polizei ihn endlich in der Asylbewerberunterkunft antraf. Allerdings nur diese Nummer. Laut der ermittelnden Polizeibeamtin habe man nämlich festgestellt, dass jede einzelne App einen eigenen Pin habe. Erst einer Spezialfirma sei es gelungen das Handy komplett freizuschalten. Allerdings fand man keine weiteren strafrechtlich relevanten Dateien auf dem Handy. Aber auch keinen "erläuternden" Text, warum er das Video versendet hat.

Das Handy wollte der Angeklagte wieder. Und er verstand nicht, warum er es nicht mehr bekommt, dass er nur die Wahl hat zwischen zwangsweisem Einzug oder dem freiwilligen, was ihm eine mildere Strafe einbringt, wie der Amtsrichter ihm sagte. Schließlich reichte es Amtsrichter Wassermann und mit lautstarker Stimme forderte er ein "Ja oder Nein". Das Nein brachte dem Angeklagten nur einen Satz des Richters bei der Urteilsbegründung ein: Er verzichte auf eine zusätzliche Geldauflage von 150 Euro, wie sie die Staatsanwältin gefordert hatte, weil er eh am Existenzminium lebe. Dass sein Handy weg sei, sei auch eine Strafe.

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