Amtsgericht Erding:Der Drahtzieher bleibt im Dunkeln

Eine 44-Jährige steht wegen Geldwäsche vor Gericht, weil sie unwissentlich für Betrüger Pakete angenommen und weitergeschickt hat. Das Urteil fällt milde aus. Die Frau erhält eine Geldstrafe auf Bewährung

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Extreme Naivität" schützt nicht vor Strafe. Dies musste eine 44-Jährige am Amtsgericht Erding einsehen, die wegen Geldwäsche angeklagt war. Allerdings nicht wegen Geldwäsche im klassischen Fall, sondern weil sie Pakete von Onlinehändlern angenommen und diese auf Anweisung eines ihr nicht näher bekannten Arbeitgebers an andere Adressen im Ausland weiter versendet hatte. In den Paketen waren unter anderem Notebooks oder Fernseher im Gesamtwert von 4752 Euro. Ergaunert durch gefälschte Kreditkarten. "Eigentlich sitzt hier die falsche Person, nicht die wahren Täter", sagte sogar die Staatsanwältin. Da das Verfahren aber rechtlich nicht eingestellt werden konnte, was die Staatsanwältin und Richterin Michaela Wawerla am liebsten gemacht hätten, wurde die Frau "verwarnt" und zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Auf zwei Jahre Bewährung, so dass sie jetzt nichts zahlen muss.

Es hatte sich alles recht gut gelesen, was die Angeklagte und ihr Ehemann Mitte 2016 erst in einer Zeitungsanzeige und dann per E-Mail über den Job gelesen hatte, wie beide vor Gericht sagten. Sie sollte Pakete entgegen nehmen und dann einfach an eine andere Adresse weiter versenden. Nicht mal die Sendegebühr musste sie zahlen, den bereits frankierten Aufkleber für den Weiterversand bekam sie per E-Mail-Anhang. Auch der Arbeitsvertrag las sich für beide okay. Im Probemonat sollte sie 450 Euro erhalten, danach 1075. Viel Geld für die 44-Jährige die wegen Panikattacken, wegen der sie in Therapie sei, nicht außer Haus arbeiten könne. Ihr Mann erklärte, er habe sich auch deshalb keine Gedanken gemacht, dass was faul sei an der Sache, weil er dieses Zwischenlagern und Weiterversenden aus dem Speditionsbereich kenne. Die Angeklagte sagte, sie habe vermutet, dass die Person, die in Irland, Polen oder Estland das Päckchen am Schluss bekommen habe, vielleicht so die bestellten Waren billiger bekomme.

Sechs Pakete kamen in dem "Probemonat" an. Absender waren Onlineversandhändler. Dann sei der Monat vorbei gewesen, aber von den versprochenen 450 Euro kein Cent auf dem Konto. Die Firma mit Sitz in Luxemburg habe auf keine Mails regiert, anrufen habe man nicht können, weil man selber nur mittels unterdrückter Rufnummer kontaktiert worden sei. "Aber die Anrufer waren immer sehr nett und freundlich", sagte die Angeklagte.

Als das Ehepaar dann einen Rechtsanwalt einschaltete, stellte sich schnell heraus, dass die Firma trotz einer Webseite gar nicht existierte. Die dort angegebene Postadresse war falsch.

Mittlerweile waren auch bei der Polizei Anzeigen wegen Betrugs durch die Händler eingegangen, als man feststellte, dass die Kreditkarten gefälscht waren. Und da als Empfänger der Waren die Adresse der Angeklagten angegeben war, meldete sich die Polizei bei der vierfachen Mutter.

Der ermittelnde Polizist sagte, man habe zunächst die 44-Jährige als Betrügerin verdächtigt, aber das habe man schnell ausschließen könne. Sie sei vielmehr als "Warenagentin" tätig gewesen. Über die wahren Täter könne man, wie in diesem Fall, oft kaum etwas heraus finden. Die angegebenen Namen seien fiktiv, über die E-Mail-Adressen komme man auch nicht weiter. In dem meisten Fällen investiere man nur "verlorene Energie".

Für Richterin Wawerla stellte sich das Verhalten der Angeklagten und ihres Ehemanns als "extrem naiv" dar, da sich beide sehr leichtgläubig verhalten hätten und keine näheren Erkundigungen über die Firma eingezogen hätten. Allein schon, dass sie nicht zurück rufen hätten können, hätte sie stutzig machen müssen. Auch die Staatsanwältin sah dies so. Und nach dem Gesetz macht sich derjenige der Geldwäsche strafbar, der illegal erworbene Vermögenswerte in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf einschleust.

Letztlich einigte sich die Richterin und die Staatsanwältin darauf eine "Verwarnung mit Strafvorbehalt" auszusprechen. Verbunden mit einer Geldstrafe auf Bewährung, die erst dann gezahlt werden muss, wenn sich die 44-Jährige noch mal was in den nächsten zwei Jahren zu schulden kommen lässt. Gestraft sei die Angeklagte ohnehin genug. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die betrogenen Firmen auf sie zukommen, um den Schaden einzutreiben. "Da werden sie bald Schreiben von Inkassobüros bekommen", sagte Wawerla.

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