Amtsgericht Erding:20 Monate Jugendstrafe für Einbruchsserie

21-Jähriger dringt größtenteils mit brachialer Gewalt in Vereinsheime, Läden und eine Tankstelle im Landkreis ein. Vor Gericht gibt er zu, dass er ein "ziemlich dummes" Motiv gehabt habe: hohe Schulden aus Einkäufen im Internet

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Für elf nachgewiesene und selber zugegebene Einbrüche innerhalb eines Monats, die größtenteils mit brachialer Gewalt ausgeführt worden waren, muss ein 21-Jähriger jetzt eine Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monate absitzen. Damit blieb das Schöffengericht teilweise sogar über der Forderung des Staatsanwaltes, der zwei Jahre gefordert hatte, dies aber zur Bewährung ausgesetzt hätte, wenn der Angeklagte innerhalb der nächsten sechs Monate nachweise hätte können, dass er sein Leben strukturiert auf die Reihe bringt. Auch sein Verteidiger hatte nach dem nichtöffentlichen Bericht der Jugendgerichtshilfe auf eine mögliche Bewährung plädiert, da in ihm deutlich geworden sei, dass der bei der Tat 20-Jährige unter psychischen und einem Drogenprobleme leide und eine deutliche Reifeverzögerung habe. Die sah auch das Gericht unter Richter Michael Lefkaditis, aber es wurde bezweifelt, dass der Angeklagte in den nächsten Monaten tatsächlich sein Leben in den Griffe bekomme.

Die Liste der Einbrüche, die der Staatsanwalt dem Angeklagten zur Last legte war lang. Vom Einbruch in einem Blumenladen in Dorfen Anfang August 2016 über Diebstähle in Kfz-Werkstätten, diverse Vereinsheime, einen Getränkemarkt bis hin zu einer Tankstelle - alles im Zeitraum eines Monats. Gesamtbeute: 8623,20 Euro. Den Schaden, den er allerdings anrichtete, lag darüber: 9552,91 Euro. Zumindest soweit man weiß, da einige der Geschädigten sich laut dem ermittelnden Kripobeamten nicht mehr wegen der exakten Schadenshöhe bei der Polizei gemeldet haben. Gestohlen wurde alles, was wertvoll erschien: Tabletts, Fernseher, Kameras und natürlich Bargeld. Oft wurde mit brachialer Gewalt Türen oder Fenster eingeschlagen, zum Teil mit Sitzbänken oder Sonnenschirmständern.

Auf die Spur kam die Polizei ihm durch Videoaufzeichnungen. Auf einer war nämlich das Kennzeichen des Fluchtautos zu sehen. Die Halterermittlung führte zur Mutter des heute 21-Jährigen. Da auf den Videos aber nicht nur eine Person zu sehen war, sondern drei, darunter mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Frau, beantragte die Polizei drei Hausdurchsuchungen bei dem Angeklagten sowie seiner Schwester und seinem Bruder. An einem Tatort hatte man nicht nur die DNA des 21-Jährigen gefunden, sondern auch die seiner Schwester. Bei den Hausdurchsuchen fand die Polizei zahlreiche der gestohlenen Gegenstände bei ihm, beim Bruder nur einen Fernseher.

Bei der anschließenden Vernehmung bei der Polizei hatte der Anklagte schließlich elf von 20 Einbrüchen eingeräumt. Alle habe er alleine begangen und die DNA seiner Schwester sei nur deshalb an den Tatort gekommen, weil er ihre Handschuhe benutzt habe. Den gestohlenen Fernseher habe er seinem Bruder geschenkt. Als Motiv für seine Einbrüche, ein "ziemlich dummes", wie er selber sagte. Er habe, nachdem er im Herbst 2015 von Österreich nach Deutschland gezogen sei, zwar seine Drogensucht in Griffe bekommen, aber in einen Kaufrausch über das Internet verfallen. Und als dann die Mahnungen gekommen seien, sei er auf die Idee gekommen, sich Geld über Einbrüche zu verschaffen. "Voll dumm, aber damals sah ich das als einzige Lösung."

Diese Lösung hatte allerdings auch schon gewählt, als er in Österreich noch lebte. Die Vorlesung der Straftaten, wegen der er dort zweimal schon zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, dauerte mehrere Minuten, von schwerer Sachbeschädigung über Bedrohung, gewerbsmäßigen Diebstahl bis hin zu Bedrohung und Einbruch mit Waffen.

Die Aussage der Jugendgerichtshilfe über seine persönlichen Lebensverhältnisse fand nichtöffentlich statt, um ihn zu schützen, da viele Dingen zur Sprache kamen, die ihm "die persönliche Würde" bei öffentlicher Nennung nehmen würden. In den Plädoyers wurde erhebliche psychische Problem seit seiner Kindheit und eine Reifeverzögerung genannt. Der Staatsanwalt sprach sich deshalb "trotz ziemlicher Bauchschmerzen" dafür aus, dem 21-Jährigen eine bedingte Bewährung zu gewähren.

Das Schöffengericht sah jedoch diesmal eine "erzieherische Maßnahme" in Form einer Jugendstrafe als nötig an. Es gebe bei dem 21-Jährigen keine fundierte positive Sozialprognose. Er sei vielfach vorbestraft und zeigen eindeutig schädliche Neigungen. Alles was er bisher gegen seine psychischen und Drogenprobleme unternommen habe, sei zwar vielleicht bemüht, wenig zielführend gewesen. Die Vergangenheit zeige, dass er neige, seine Probleme mit Straftaten zu erledigen. In der Haft könne er zeigen, dass er da ändern wolle, zum Beispiel, dass er eine Ausbildung anfange. Die Aussage des Angeklagten, dass keine Lust habe "nur für ein paar Kröten zu arbeiten", haben bestimmt eine Rolle bei der Urteilsfindung gespielt.

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