Es ist oftmals nicht ganz leicht, in der Kürze einer Verhandlung die Charaktereigenschaften eines Angeklagten in Gänze zu erfassen. Eines zumindest steht aber im Fall eines 27-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis, der sich am Mittwochmorgen vor dem Amtsgericht verantworten musste, fest: Über gute Nerven verfügt er nicht gerade. Das nämlich war der Grund, warum er überhaupt auf der Anklagebank hatte Platz nehmen müssen. Bei einer Hausdurchsuchung, bei der er eigentlich völlig unbeteiligt war, hatte ihn dermaßen die Angst gepackt, dass er damit die Aufmerksamkeit der Beamten auf sich gelenkt hat - und nun wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.
Es war im Oktober vergangenen Jahres, als die Polizisten im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren, ein Mehrparteienhaus im nördlichen Landkreis unter die Lumpe nahmen. Dort sind die Beamten beim ursprünglich Beschuldigten dann auch tatsächlich auf eine geringe Menge Rauschmittel gestoßen. Viel interessanter jedoch war, was im Garten unter der Abdeckplane einer Kreissäge zum Vorschein kam: eine Einkaufstüte mit knapp 900 Gramm Haschisch und Marihuana, etwa 3000 Euro in kleinen Scheinen sowie allerhand Utensilien, die man zum Verkauf und Konsum der Drogen benötigt.
Wem das ganze Zeug gehört, war zunächst unklar, bis die Ermittler vor dem Haus zufällig auf den Angeklagten gestoßen sind. Denn der habe sich äußerst merkwürdig verhalten, wie zwei Polizisten als Zeugen vor Gericht ausgesagt haben. "Er ist deutlich erschrocken, als er uns gesehen hat", gab einer von beiden zu Protokoll. Außerdem habe er jeglichen Blickkontakt vermieden und sei "komisch rumgeschlichen". Das machte die Beamten stutzig, die deshalb auch von dem 27-Jährigen eine DNA-Probe genommen haben. Und tatsächlich: Die Fingerabdrücke des jungen Mannes stimmten mit denen auf der ominösen Tüte überein.
Vor Gericht blieb dem Angeklagten deshalb nicht viel anderes übrig, als den Sachverhalt durch seinen Verteidiger einräumen zu lassen. Woher er die Rauschmittel hatte, wollte er allerdings nicht verraten. Dafür gab er umso bereitwilliger Auskunft über sein bisheriges Leben - und seine lange Drogenvergangenheit. Mit 15 oder 16 Jahren habe zu konsumieren begonnen. "Das ist dann irgendwann zur Gewohnheit geworden", so der junge Mann, der als Servicekraft in einem Restaurant arbeitet. Die Drogen seien es auch gewesen, weshalb er trotz eines Abschlusses an der Fachoberschule nie im Berufsleben hatte Fuß fassen können. Inzwischen sei er aber regelmäßig bei einer Suchtberatung und habe auch einen festen Job in Aussicht.
Sowohl Staatsanwaltschaft, als auch Verteidigung beurteilten den eingeschlagenen Weg als durchaus positiv. "Er hat verstanden, dass das ganz großer Käse war", sagte Anwalt Marc Wederhake in seinem Plädoyer. Und auch Richter Markus Nikol sprach aufgrund der Umstände zusammen mit seinen beiden Schöffen ein recht mildes Urteil. Mit einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe kam der Angeklagte angesichts des Vergehens glimpflich davon, zumal, wie Nikol sagte, hier ausnahmsweise noch eine Bewährung angesetzt werden kann.