Amtsgericht Ebersberg:Seine ganz eigene Meinung

Rentner wird wegen Volksverhetzung verurteilt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Mann hat eine Mission. Laut, fast schreiend spricht er über seinen Kampf gegen "diese Ideologie". Welche der unauffällige ältere Herr damit meint, hat er Anfang 2018 im Internet kund getan: "Moslems sind Bestien vom schlimmsten", die weder menschliches noch tierisches Leben achteten, schrieb er unter seinem Klarnamen auf einer Facebook-Seite der AfD. Es gab zwölf "Daumen-Hoch" dafür. Doch nicht allen gefiel das, ein Leser zeigte den Rentner an. Per Strafbefehl wurde der 67-Jährige wegen Volksverhetzung zur Zahlung von 3600 Euro verurteilt. Weil er dagegen Einspruch einlegte, wurde nun vor dem Amtsgericht verhandelt und muss nun sogar mehr bezahlen.

Der Angeklagte machte in der Verhandlung keine Anstalten, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Natürlich habe er den Kommentar geschrieben. Aber diesen als Volksverhetzung zu werten, das sei "Schwachsinn". Er habe "doch nur drei Zeilen geschrieben", und das auch nur als Antwort auf einen anderen Kommentar, der eine AfD-Kampagne gegen Familiennachzug kritisiert hatte. Was dann das Ziel seines Einspruchs sei, wollte die Richterin wissen: "Es ist nicht so schlimm?"

Genau in diese Richtung versuchte der Verteidiger - der in der Vergangenheit bereits der AfD Zutritt zu öffentlichen Räumen für Veranstaltungen erstritten hat - die Verhandlung zu lenken. Was sein Mandant im Internet kund getan habe, falle unter Meinungsfreiheit. Was zu glauben dem Gericht schwer fiel, bei der Meinung, welche der Angeklagte offensichtlich vertritt: Der Islam sei keine Religion, sondern eine Ideologie, führte der 67-Jährige aus. Er könne das auch belegen, anhand von Stellen aus dem Koran, wo die Tötung von Ungläubigen gefordert werde. "Das ist ein Aufruf zum Mord", rief er aufgebracht, "was habe ich denn da Falsches geschrieben?"

"Was Sie hier abliefern, ist doch einfach unglaublich", kommentierte die Staatsanwältin den Ausbruch des Angeklagten. Dessen Advokat fand dagegen, wenn man solche Stellen im Koran lese, "habe ich schon Verständnis dafür, dass einem die Galle hochgeht". Diese Textpassagen seien doch geradezu "Steilpässe" für Meinungen, wie sie sein Mandant geäußert habe, das könne man doch nicht "alles in christlicher Nächstenliebe akzeptieren", so der Anwalt. Aber "Christen dürfen ja verfolgt werden", ergänzte der Angeklagte.

"Ich finde, das wird nicht besser", sagte die Staatsanwältin. Die Richterin erklärte, sie verstehe die Argumentation des Angeklagten nicht. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Koran, wie sie der Angeklagte behaupte, sei in seinem Posting nicht zu erkennen, da weder Zitate noch sonstige Bezüge darauf in seinem oder in anderen Kommentaren auf der Seite zu finden seien.

Die Ansichten des Angeklagten seien von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Denn erstens sei es eine Beschimpfung, jemanden als "Bestie" zu bezeichnen. Dies außerdem pauschal auf alle Muslime zu beziehen, sei als Angriff auf deren Menschenwürde zu werten und erfülle daher den Tatbestand der Volksverhetzung. Erschwerend komme hinzu, dass die Einlassungen des Angeklagten ganz offensichtlich auch Verbreitung gefunden hätten, wie sich an den zwölf zustimmenden Reaktionen auf der Seite gezeigt habe. Sie beantragte daher, den 67-Jährigen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 47 Euro zu verurteilen.

Der Verteidiger sah das Problem dagegen im Gesetz. Der Volksverhetzungsparagraf sei doch "schwer verständlich" und "müsste reformiert werden". Trotzdem sei sein Mandant unschuldig, der Kommentar als freie Meinungsäußerung zu werten. Dass der 67-Jährige dafür vor Gericht stehe, habe politische Gründe, so der Advokat: "Ich weiß, dass es vom Innenministerium die Weisung gibt, so etwas mit aller Härte zu verfolgen." "Ich sehe mich als Opfer", assistierte der Angeklagte. Falls er verurteilt werde, werde er sich an die Presse wenden, aber an "die richtige, also Junge Freiheit und Facebook, nicht an die Lügenpresse".

Was auf das Gericht indes wenig Eindruck machte, es verurteilte den Angeklagten wegen Volksverhetzung zu 110 Tagessätzen zu je 45 Euro und zur Zahlung der Gerichtskosten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, möglich, dass es in die nächste Instanz geht. Der Verurteilte jedenfalls äußerte hörbar seine Unzufriedenheit.

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