Amtsgericht Ebersberg:Kiloweise Munition

Lesezeit: 1 min

64-Jähriger zu eineinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Tausende Patronen, unters Kriegswaffenkontrollgesetz fallende Leuchtspurmunition und Artillerieübungsmunition. So viel, dass die Polizei bei einem 64-Jährigen aus Vaterstetten mit zwei Lieferwagen vorfahren musste. Das Amtsgericht Ebersberg hat ihn nun zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. "Wir reden von einer erschreckenden Gleichgültigkeit gegenüber Rechtsnormen", begründete Richter Markus Nikol das Urteil. "Es geht auch nicht um ein Kügelchen, sondern Munition im Kilobereich." Weil dem Angeklagten als "Waffennarr" der Straftatbestand hätte bestens bekannt sein müssen, gebe es auch keine Bewährung.

Heraus kam die Sache einerseits wegen einer Familienstreitigkeit: Nachdem die Tochter des Angeklagten mit ihrem langjährigen Freund Schluss gemacht hatte, ging dieser zur Polizei. Im Haus seines Ex-Schwiegervaters gebe es ein beachtliches Waffenlager. Etwas später meldete sich die Putzfrau des derweil nach Landshut umgezogenen Rentners bei der Polizei: In dem Haus liege ein Sammelsurium an Waffen und Waffenteilen sowie Munition herum. Erneut rückte die Polizei an.

Zwar stellte sich heraus, dass ein Großteil der Munition nicht funktionsfähig war. Illegal sei die Hortung dennoch, argumentierte die Staatsanwaltschaft: Dem Rentner war 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt der Waffenschein aberkannt worden. Spätestens 2002 hätte er zusätzlich zu den zurückgegebenen Waffen auch sämtliche Munition abgeben müssen. Dies hätte der Angeklagte wissen müssen. Und selbst wenn er von den Gesetzesnovellen nichts mitbekommen haben will: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht." Erschwerend komme hinzu, dass im Haus des Angeklagten dessen Enkeltochter oft zugegen sei.

Den Antrag auf eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wies Verteidiger Florian Alte zurück. Mitnichten wolle er die Straftaten leugnen - wohl aber das Gefahrenszenario. Der allergrößte Teil der Munition sei entweder nicht mit den sichergestellten Waffen kompatibel oder eben funktionsunfähig. Deshalb sei eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe "völlig ausreichend". Obwohl das Gericht dem nicht folgte, ist ein Haftantritt fraglich. Wegen des schlechten Gesundheitszustands des 64-Jährigen steht noch eine Überprüfung der Haftfähigkeit an.

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: