Amtsgericht Ebersberg:Einfach respektlos

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Geldstrafe für 31-Jährigen, der im Jobcenter randaliert

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

Die Dolmetscherin hielt tapfer durch, bis zum Schluss. Sie übersetzte für den Angeklagten, was die Staatsanwältin sagte, die Richterin, die Zeugen. Wort für Wort. Dann sprach die Dolmetscherin immer mehr Worte, ihre Stimme wechselte von einer monotonen Tonlage ins Aufbrausende. Es schien, als trage sie mit dem Angeklagten einen verbalen Kampf aus. Sie explodierte innerlich, der Mann neben ihr drehte nur den Kopf gelangweilt zu ihr und zischte sie an. Erst nach der Urteilsverkündung wandte sich die Dolmetscherin an das Gericht und sagte: "Frau Richterin, wie er mich behandelt, das ist unglaublich respektlos." Die Richterin am Amtsgericht Ebersberg, Vera Hörauf, nickte und bot ihr an, dieses abschätzige Verhalten zu dokumentieren. Aber die Dolmetscherin lehnte ab. Dann zögerte die Richterin zu fragen, ob es möglich sei, noch die richterliche Belehrung zu übersetzen, die, so wie es das Gesetz vorschreibt, immer am Ende eines Prozesses erfolgt. Ziel ist, Verurteilte über Rechtsmittel aufzuklären, falls sie das Urteil anfechten möchten. Doch da spreizte sich der Pflichtverteidiger ein: "Das übernehme ich", sagte er, um die Dolmetscherin zu entlasten.

Der Angeklagte hatte das Gericht zwei Prozesstage lang beschäftigt. Respektloses Verhalten, wie er es im Gerichtssaal zeigte, war auch der Anlass für diese Verhandlung. Der 31-jährige Mann muss sich im Oktober vergangenen Jahres im Jobcenter Ebersberg wie ein Elefant im Porzellanladen benommen haben. Laut Anklageschrift soll der 31-jährige Mann um Geld für eine MVV-Karte zur neuen Arbeitsstelle gebeten haben. Den angebotenen Fahrschein lehnte er ab; er habe Bargeld haben wollen. Laut schreiend soll er gegen eine Stuhlreihe getreten und Mitarbeiter unflätig beschimpft haben, bevor ihn der Sicherheitsmitarbeiter hinausbegleitete. Wegen Sachbeschädigung und Beleidigung landete er nun vor dem Amtsgericht Ebersberg.

Den Tatvorwurf stritt der Angeklagte ab. Stattdessen beschwerte er sich vor Gericht, dass ihn der Sicherheitsmitarbeiter unsanft am Nacken gepackt habe. Der Sicherheitsmitarbeiter, der am ersten Prozesstag als Zeuge vor Gericht aussagte, beschrieb den Vorgang als ein "Hinausschieben". Am zweiten Prozesstag sagten drei weitere Mitarbeiter des Jobcenters aus; eine von ihnen hatte dem 31-jährigen Mann nach dem Vorfall Hausverbot erteilt. Die Mitarbeiter erklärten vor Gericht, man habe dem Mann geduldig und in einfachen Worten immer wieder erklärt, dass sie ihm keinen Regelsatz in voller Höhe in bar auszahlen könnten. Dass sie Vorgaben haben. Doch der Mann habe "mit aller Kraft seinen Willen durchsetzen wollen". Wie ein Fußballspieler, der einen Elfmeter schießt, habe er gegen einen Stuhl getreten, beschrieb eine Sachbearbeiterin, die zugab, Angst gehabt zu haben, mit ihm alleine in einem Raum zu sein.

Am Ende verurteilte Richterin Hörauf den Mann, der einschlägig vorbestraft ist, wegen Sachbeschädigung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen à 20 Euro. Hörauf sagte, sie habe keinen Zweifel, dass sich der Vorfall so wie in der Anklageschrift beschrieben zugetragen habe. Der Mann habe keinen Grund gehabt, sich so aufzuführen. Ein Verständigungsproblem ließ sie nicht gelten. Der Angeklagte sei von mehreren Seiten in einfacher Sprache über das Prozedere im Jobcenter informiert worden. Die Richterin warnte den Angeklagten. Er dürfe nicht mehr straffällig werden. Sonst drohe ihm in der Tat eine Gefängnisstrafe. Dafür hatte die Staatsanwältin bereits plädiert.

© SZ vom 10.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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