Amtsgericht :An der Gurgel gepackt

24-Jähriger würgt einen Polizisten - Haftstrafe zur Bewährung

Von Alexander Kappen, Freising

Es sei ein Grenzfall, sagte Amtsrichter Michael Geltl am Montag in seiner Urteilsbegründung. Viel habe nicht gefehlt zu einer so genannten lebensbedrohlichen Behandlung. Eine solche wollte er dann grade noch nicht erkannt haben. Auch eine gefährliche Körperverletzung, von der in der Anklage zunächst die Rede war, sei nicht nachzuweisen. Aber der Angriff des 24-jährigen Angeklagten auf einen 29-jährigen Zivilpolizisten am 15. September vergangenen Jahres auf dem Freisinger Volksfest sei schon "eine ganz massive Attacke" gewesen. Der Angeklagte hatte den Polizisten von hinten gepackt und gewürgt, bis diesem schwarz vor Augen war. Zwei weitere Polizisten, die bei dem Einsatz ebenfalls Blessuren davontrugen, konnten ihren Kollegen schließlich befreien.

Der mehrfach vorbestrafte und geständige Angeklagte wurde vom Freisinger Amtsgericht wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Zudem muss der 24-Jährige 1500 Euro Geldauflage an die Staatskasse zahlen.

Der Richter blieb mit seinem Strafmaß nicht nur über dem Antrag des Verteidigers, der eine Geldstrafe für ausreichend hielt, sondern auch über dem der Staatsanwältin. Diese rückte nach der Beweisaufnahme vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung ab. Für einen hinterlistigen Überfall, der in dem Fall vorliegen müsste, "fehlt es mir an Beweisen". Auch müsse sie zu Gunsten des Angeklagten annehmen, dass "noch keine lebensbedrohliche Maßnahme vorgenommen war". Sie ging, wie der Verteidiger, stattdessen von einer versuchten Gefangenenbefreiung aus. Eine solche liege nach Gesetzeslage hier wohl nicht vor, meinte dagegen der Richter nach Studium entsprechender Kommentare.

Der geschädigte Polizist hatte eigentlich einen Freund des Angeklagten festnehmen wollen. Der hatte zuvor einen Platzverweis erhalten und wurde bei einem Streit mit seiner Ex-Freundin erneut auf dem Volksfestgelände auffällig. Er versuchte, auf einen anderen Polizisten, der schlichten wollte, mit der Faust loszugehen. Der 29-jährige Zivilpolizist ging dazwischen. Als er den Angreifer gerade fesseln wollte, nahm ihn der Angeklagte von hinten in den Schwitzkasten und würgte ihn. Ohne Hilfe seiner Kollegen konnte er sich nicht befreien. Schließlich kam ein Polizist, der bei dem Einsatz eine Knieprellung erlitt, mit seiner Hand ans Gesicht des Angeklagten und konnte diesen am Kopf nach hinten wegziehen.

Wie lange das Würgen dauerte, konnte keiner der Polizisten genau sagen. "Es war eine gefühlte Ewigkeit", sagte einer. "Mir kam es ewig lang vor", sagte der Gewürgte selbst. "Er hat schon sehr lange gewürgt - viel zu lange", sagte dessen Frau, die als Polizistin ebenfalls an dem Einsatz beteiligt war. Sie erlitt eine Verletzung am Knöchel, weil der Angeklagte drauf fiel. Der Hauptgeschädigte war 15 Tage krank geschrieben und hatte in dieser Zeit Schmerzen beim Reden und Schlucken. Bei ihm wurde eine Kehlkopfquetschung diagnostiziert. Zudem erlitt er eine Nervenverletzung am Arm, wegen der er bis heute zeitweise ein Taubheitsgefühl im kleinen Finger hat.

Der Angeklagte hatte in seiner Jugend schon Freizeitarreste absitzen müssen und war siebenfach vorbestraft - allerdings nicht einschlägig. Als er im aktuellen Fall zur Vernehmung auf der Polizeidienststelle war, versuchte er vergeblich, sich beim Hauptgeschädigten zu entschuldigen. Später holte er das in einem Brief nach. Im Gerichtssaal entschuldigte er sich noch mal persönlich bei dem 29-Jährigen und überreichte ihm 800 Euro Schmerzensgeld. Die Schadensersatzforderungen der Polizei wegen Dienstausfalls hatte er bereits zuvor beglichen. Dieses Nachtatverhalten, sagte der Richter, spreche für den Angeklagten.

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