Am Amtsgericht:"Er hat mein Leben ruiniert"

22-jähriger Verkehrsrowdy fährt Busfahrer nach einem Streit mit quietschenden Reifen über den Fuß. Dadurch werden Nerven so massiv gequetscht, dass das Opfer nun berufsunfähig ist

Von Thomas Daller, Erding

Ein 22-jähriger Verkehrsrowdy hat am Flughafen auf der Busspur geparkt. Den Linienbusfahrer, der dadurch aufgehalten wurde und sich beschwerte, hat der 22-Jährige erst wüst beleidigt und dann fuhr er ihm mit seinem Wagen über den Fuß. Der Busfahrer kann seither nur noch humpeln und ist berufsunfähig. Der Rowdy wurde nun am Amtsgericht Erding zu einer Geldstrafe von 5600 Euro verurteilt. Darüber hinaus wurde ihm der Führerschein für sechs Monate entzogen.

Der 23. Mai vergangenen Jahres hat das Leben des 48-Jährigen Busfahrers aus Lohhof einschneidend verändert. Er war um 14 Uhr in Freising losgefahren, hatte die Fahrgäste am Terminal 1 aussteigen lassen und wollte dann über das Busterminal am Südhof weiterfahren. Doch dort stand ein schwarzer BMW im Weg; in einer Zone, die allein Bussen vorbehalten ist und so geparkt, dass man nicht daran vorbei konnte. Als der Fahrer des BMWs mit einem Begleiter zurückkam, war der Busfahrer ungehalten und schimpfte. Der 22-Jährige wurde sofort aggressiv und bezeichnete den Busfahrer als Sohn einer Prostituierten und er werde mit dessen Mutter Geschlechtsverkehr haben. Das ließ sich der Busfahrer nicht gefallen. Er ging zu dem BMW, griff bei geöffneter Tür ins Lenkrad und sagte, der 22-Jährige solle hierbleiben, er rufe jetzt die Polizei. Doch der dachte gar nicht daran. Er konnte sich befreien, schloss die Tür und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Dabei geriet der Fuß des Busfahrers unter den linken hinteren Reifen. Durch die rasche Beschleunigung wurde der Fuß nicht einfach überrollt, sondern extrem verdreht. "So einen Schmerz habe ich noch nie erlebt", sagte das Opfer vor Gericht aus. Er sei umgefallen und liegen geblieben. Der 22-Jährige sei dann die Rampe hinaufgefahren, habe kurz angehalten und noch mal Augenkontakt gesucht: In seinem Blick habe er Verachtung gelesen, als wollte er sagen: "Hab ich dich, du Arschloch", schilderte der Busfahrer die Situation.

Durch den Unfall seien Nerven im Fuß gequetscht worden. Er humpele, könne ein Fahrzeug nicht mehr bremsen, sei seither arbeitsunfähig und wisse nicht, wovon er künftig seine vier minderjährigen Kinder ernähren solle. Er sei bereits auf Reha in Murnau gewesen, aber die Ärzte hätten ihm erklärt, diese Verletzung könne man nicht operieren, die Nerven müssten von selbst heilen. Das könne dauern, drei Jahre möglicherweise. Er habe auch psychische Probleme seither, Albträume und Gedächtnisstörungen. "Ich sehe immer wieder diesen Blick in meinem Kopf. Er hat mein Leben ruiniert."

Der Vorfall, wie ihn der Busfahrer geschildert hatte, wurde vor Gericht von zwei Zeugen bestätigt. Sowohl ein weiterer Busfahrer, der den Zwist verfolgt hatte, als auch ein Fahrkartenkontrolleur, der in der Nähe eine Rauchpause gemacht hatte, bekräftigten die Aussage.

Der Angeklagte hingegen versuchte seine Tat herunterzuspielen. Er habe den Busfahrer nicht beleidigt, sondern sich entschuldigt und ihn gebeten, sich zu beruhigen. Außerdem sei er ihm nicht absichtlich über den Fuß gefahren. Zudem fahre er Breitreifen, die das Fahrzeuggewicht besser als ein normaler Reifen verteilen würden: "Ich lass mir damit über den Fuß fahren", bot er an.

Richter Andreas Wassermann hatte am Sachverhalt, wie ihn das Opfer geschildert hatte, keine Zweifel. Für ihn kam jedoch ob der geschilderten Umstände statt einer gefährlichen Körperverletzung, wie die Anklage lautete, auch eine grob fahrlässige Körperverletzung infrage. Zudem wies er den Angeklagten auch auf dessen einschlägiges Vorstrafenregister hin: Der 22-Jährige war schon durch sein aggressives Verhalten aufgefallen und wegen versuchter Körperverletzung, Beleidigung , Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden. Außerdem war er einmal wegen Trunkenheit am Steuer und zweimal wegen zu schnellen Fahrens verurteilt worden.

Richter Wassermann verurteilte den Angeklagten zu 160 Tagessätzen zu je 35 Euro, wobei er eine noch offene Geldstrafe aus einem vorherigen Verfahren miteinbezog. Außerdem ordnete er an, dass ihm der Führerschein für sechs Monate entzogen wird. Man könne ihm nicht nachweisen, dass er es billigend in Kauf genommen habe, dem Busfahrer über den Fuß zu fahren. Aber es sei ein "heftiger Sorgfaltsverstoß" und eine "grobe Fahrlässigkeit".

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hatte bereits zu Prozessbeginn angekündigt, wegen dieser "skurrilen" Anschuldigung in Berufung zu gehen.

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