Am Amtsgericht Ebersberg:Hilfe in der Not für den kleinen Geldbeutel

Kostengünstige Rechtsberatung löst so manches Problem

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Es ist Sommer. Ein schöner Sommer mit vielen langen und heißen Sonnentagen. An diesem Tag legt sich die Sonne so richtig ins Zeug; es ist einer der wärmsten Tage des Jahres. Aber irgendetwas fehlt. Dieses Brummen. Dieser dröhnende tiefe Ton, der versichert, dass die Lebensmittel im Kühlschrank der Hitze trotzen können - er ist nicht zu hören, schon verdächtig lange nicht mehr: Der Kühlschrank ist kaputt.

Für die meisten Betroffenen bedeutet ein solches Szenario eine Neuanschaffung des Geräts. Ärgerlich, da so etwas mehrere hundert Euro verschluckt. Für manch andere bedeutet ein defekter Kühlschrank jedoch kein Ärgernis, sondern blanke Verzweiflung. Dann nämlich, wenn nicht genügend Geld für eine solch unvorhergesehene und hohe Summe vorrätig ist. Was tun? Gibt es vielleicht finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten, die einem von Rechts wegen zustehen? Wer kann einen hier beraten? Und zu was für einen Preis?

"Die Kosten für eine reine Erstberatung beim Anwalt liegen üblicherweise bei 190 bis 200 Euro pro Stunde", sagt Elisabeth Maly. Für jemanden mit geringem Einkommen oder ohne Arbeitsverhältnis ist das eine unerschwingliche Summe. Deshalb können Menschen aus dem Landkreis mit einem kleinen Geldbeutel bei rechtlichen Fragen zu Elisabeth Maly und ihren fünf Kolleginnen und Kollegen kommen: Jeden Dienstag zwischen 10 und 12 Uhr gibt einer von ihnen im Ebersberger Amtsgericht eine Rechtsberatung im Austausch von einer Kostenpauschale in Höhe von 15 Euro.

Seit 2012 gibt es dieses Angebot in Zusammenarbeit mit dem Anwaltsverein des Landkreises. Jedes Amtsgericht entscheide selbst, ob es eine solche Beratung anbieten möchte, erklärt der stellvertretende Direktor und Pressesprecher des Amtsgerichts Markus Nikol. Einen gesetzlichen Anspruch von Klientenseite gibt es allerdings nicht. "Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich viele Streitigkeiten auch ohne Gerichtsprozesse lösen lassen und eine solche Rechtsberatung oft ausreicht", sagt Nikol. In den meisten Fällen geht es um Reibereien zwischen Mieter und Vermieter oder Familienangelegenheiten wie Fragen zum Unterhalt. Für das vergangene Jahr listet Nikol 71 verschiedene Rechtssachen, die im Rahmen der fast kostenlosen Rechtsberatung aufkamen. 2015 waren es 86 Fälle.

"Oft lassen sich die Dinge durch ein einfaches Telefonat lösen", erklärt Elisabeth Maly. So auch bei dem älteren Ehepaar, dessen Kühlschrank mitten im Sommer den Geist aufgab: Die Anwältin rief bei einem Küchenhersteller an. Der lagerte einen bereits ausrangierten, aber noch funktionstüchtigen Kühlschrank und schenkte ihn dem Rentnerpaar. "Die Senioren waren so verzweifelt und haben einfach einen Ansprechpartner gesucht", erinnert sich Maly. In so einer Stresssituation, noch dazu in höherem Alter, da kämen viele gar nicht auf die Idee, dass sie auch selbst nach aussortierten Geräten fragen könnten.

Genau wie ihre fünf Kolleginnen und Kollegen arbeitet Maly während der zweistündigen Beratung pro Woche ehrenamtlich - nur die je 15 Euro von den Klientinnen und Klienten erhalten die Juristen. Und das habe einen einfachen Grund, so Maly: "Wenn etwas gar nichts kostet, wird das leider von vielen überhaupt nicht wertgeschätzt." Im Gegenteil: Es wird ausgenutzt. "Einige möchten dann, dass wir das Unmögliche möglich machen." Zum Beispiel der Mieter, dem aufgrund des desolaten Zustandes seiner Wohnung gekündigt wurde. Er hätte sich nur ein Wochenende Zeit nehmen müssen, um seine Mieträume auf Vordermann zu bringen, dann wäre der Kündigungsgrund unwirksam geworden. "Darauf hat er aber keine Lust gehabt." Der Mann verlangte stattdessen von ihr, mit juristischen Mitteln gegen die rechtlich ordentliche Kündigung vorzugehen.

Solche Vorkommnisse seien die Ausnahme. Das sagt Maly immer wieder. "Schwarze Schafe gibt es eben überall", sagt sie und zuckt dabei mit ihren Schultern. Ihr geht es vordergründig um die anderen Hilfesuchenden. Oft kommen junge Menschen in die Beratungsstelle, ohne Ausbildung oder Arbeit, verschuldet durch Handyverträge. Einmal war es eine 18-jährige Frau, deren Schulden sich auf eine stattliche Summe von 1000 Euro angesammelt hatten. "Diese Menschen sind noch sehr jung und meistens auch sehr naiv, da habe ich die Hoffnung, dass sich noch etwas ändern kann!"

Jeder Fall sei anders, sagt Maly. Allein das mache die Arbeit schon spannend und abwechslungsreich. Das schönste für die 60-jährige Rechtsanwältin ist aber immer noch jedes Mal, wenn sie jemandem helfen konnte und dieser jemand das kleine Beratungszimmer im Erdgeschoss des Amtsgerichts zufrieden verlässt. "Alle, die hierher kommen, haben ein Päckchen dabei, mit dem sie alleine nicht zurecht kommen", erklärt Maly bildhaft. "Unser Ziel ist es, dieses Päckchen aufzuschnüren und ein bisschen leichter zu machen."

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