Alarmierende Entwicklung:Kahle Kronen, tote Äste

Das Eschensterben im Landkreis hat mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen - verantwortlich ist ein Schlauchpilz

Thomas Daller

Das Eschensterben hat mittlerweile den Landkreis Erding flächendeckend erfasst. Von der Isar bis zur Isen stirbt die Edellaubbaumart an einem Schlauchpilz namens Chalara fraxinea. Das Eschentriebssterben war vor wenigen Jahren noch ein Phänomen in Osteuropa. Erst 2008 sind die ersten sterbenden Eschen im Landkreis beobachtet worden. Nunmehr hat es dramatische Ausmaße erreicht: An manchen Standorten ist bei Jungpflanzen ein Totalverlust zu verzeichnen.

Die Esche ist neben Buche, Ahorn und Eiche die wichtigste Laubbaumart in Bayern. Die mächtigen Bäume können bis zu vierzig Meter hoch werden und bilden natürliche Vorkommen in den Auwäldern an der Isar oder im Isental. In diesen Auwäldern hat vor etwa zehn Jahren eine andere Schlauchpilzart bereits ein Drittel der Schwarzerlen abgetötet. Nun werden auch immer mehr Eschen zu Totholzgerippen. Bislang galt die Esche als vitaler Laubbaum, der den Klimawandel gut überstehen kann.

"Wir haben sie den Waldbauern oft für den Waldumbau empfohlen", sagte Forstexperte Stefan Warsönke, der im Erdinger Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Waldbesitzer berät. "Aber nun sind im gesamten Landkreis, wo die Esche vorkommt, die Bestände auch befallen. Grundsätzlich raten wir nun davon ab, Eschen zu pflanzen." Das Eschensterben habe besonders in diesem Jahr stark zugenommen, sagte Warsönke. Nach seiner Einschätzung haben die Spätfröste im Frühjahr sowie die sehr trockenen Monate April und Mai die Bäume geschwächt und damit anfälliger für den Pilz gemacht.

Der Pilz verstopft die Saftbahnen der Bäume, sodass die Blätter nicht mehr versorgt werden können. Befallene Eschen verlieren Laub und zeigen kahle Kronen. Manche ältere Bäume, sagte Warsönke, könnten den Pilzbefall überleben, weil sie ihn mit ihrer größeren Blattmasse kompensieren könnten. Jungpflanzen seien empfindlicher: "Wir haben Kulturen, die sind komplett ausgefallen."

Auch die Stadtwerke Dorfen, die ihr Biomasse-Heizwerk mit Hackschnitzeln betreiben und dazu die 140 Hektar städtische Waldfläche bewirtschaften, haben Schäden durch den Pilz erlitten. Stadtwerke-Geschäftsführer Karl Heinz Figl ist Forstwirt und hat seine Doktorarbeit über Pflanzenkrankheiten geschrieben. Es sei bedauerlich, so Figl, dass eine Baumart, die seit Jahrhunderten problemlos hier zu Hause sei, nun von dieser Pilzart dahingerafft werde.

Auch er hat beobachtet, dass sich der Pilz stärker über Jungpflanzen ausbreite als über Altbestände. Er hegt deshalb den Verdacht, dass sich der Pilz stärker über die Baumschulen verbreite als in der Natur. Figl sagte, in den Wäldern, die die Stadtwerke bewirtschaften, habe es bei den Spätfrösten auch einige Eschen und Eichen erwischt. 2010 sei die Lage jedoch schlimmer gewesen. Damals sei die Hälfte der jungen Eschen vom Pilz befallen worden.

Weil aber immer auch Winterlinden und Bergahorn gepflanzt wurden, sei der Schaden nicht so groß. Darüber hinaus hat Figl festgestellt, dass einige Eschen den Pilzbefall überleben und resistent werden. "Einige Pflanzen, die vor drei Jahren noch todgeweiht waren, leben jetzt immer noch. Sie bilden zum Teil wieder Ersatztriebe, die dem Pilz widerstehen." Er hoffe, dass die Wissenschaft lerne, diese Resistenzmechanismen zu nutzen, um Eschen züchten zu können, die nicht mehr befallen werden.

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