AKW-Debatte:Dorfen nimmt Resolution zu Isar 1 an

Der Dorfener Stadtrat setzt sich über die rechtlichen Bedenken des Landratsamts Erding hinweg und votiert gegen die Laufzeitverlängerung des Atomkraftwerks Isar 1.

Florian Tempel

Das Hin und Her, ob kommunale Resolutionen gegen die geplante Laufzeitverlängerung des Atomreaktors Isar 1 eine legitime Meinungsäußerung sind, geht weiter. Der Dorfener Stadtrat hat mit 14 zu 8 Stimmen eine Resolution verabschiedet und sich damit über rechtliche Bedenken des Landratsamts Erding hinweg gesetzt. Das Landratsamt stuft die Abfassung einer solchen Resolution als "Überschreitung der Kompetenzen" und "somit rechtswidrig" ein.

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Sollte ursprünglich 2011 vom Netz genommen werden: der Atomreaktor Isar 1.

(Foto: ddp)

Seit der Landshuter Stadtrat Ende Juli auf Initiative der CSU eine Resolution zum älteren der beiden Atomreaktoren in Ohu beschlossen hat, der ursprünglich 2011 vom Netz genommen werden sollte, sind auch in anderen Städten, Märkten und Gemeinden Resolutionen verabschiedet worden: in Freising, Moosburg und Neufahrn, Unterschleißheim, Dachau, Markt Schwaben, Poing, Glonn und Zorneding.

Im Landkreis Erding waren die Dorfener nach Steinkirchen erst die Zweiten. In Hohenpolding gab es Stimmengleichheit, in Erding votierte die Mehrheit gegen die Resolution. In Taufkirchen lehnte sie der Gemeinderat ab, startet aber eine Unterschriftenaktion. Auf Landkreisebene weigerte sich Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), eine von der ÖDP eingebrachte Resolution zur Laufzeit von Isar 1 überhaupt auf die Tagesordnung des Kreistags zu setzen.

Das Landratsamt hat mittlerweile an alle Gemeinden ein Schreiben mit seiner "rechtlichen Bewertung für den Landkreis Erding" verschickt. Das Schreiben verzichtet sorgsam auf explizite Handlungsanweisungen. Ebenso wenig wird darauf hingewiesen, welche Konsequenzen die Verabschiedung einer Resolution haben kann. Im Wesentlichen zitiert der Brief ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1990.

Darin geht es um einen Beschluss des Stadtrats München, der die Landeshauptstadt zur "atomwaffenfreien Zone" erklären wollte. Die Bundesrichter werteten diese Erklärung als rechtswidrig. Im Analogieschluss folgert das Landratsamt, dass Städte und Gemeinden "keinerlei Kompetenz" hätten, "sich zur überörtlichen Bundesangelegenheit wie die Laufzeit von Atomkraftwerken per Beschluss zu äußern". Die Dorfener Grünen-Stadträtin Dorette Sprengel befand, "hier wird ein Urteil zitiert, das nicht passend ist". Tatsächlich weist das Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass Themen, die in der Kompetenz des Bundes liegen, nicht ohne weiteres "die Befassung der Gemeindevertretung (...) etwa im Sinne einer Meinungsäußerung oder eines Ersuchens" ausschlössen.

"Laufzeitverlängerung nicht vertretebar"

Der stellvertretende Bürgermeister von Dorfen, Johann Haberstetter (Landlisten), der die Sitzung leitete, räumte ein, "dass die Resolution durchaus ihre Berechtigung hat". Als "Bürger" halte er eine Laufzeitverlängerung "für nicht vertretbar". Er folgte jedoch der Rechtsmeinung des Landratsamt und stimmte gegen die Resolution. Auch andere Stadträte, die gegen die Resolution votierten, bekräftigten, sie seien persönlich gegen eine Laufzeitverlängerung.

Ob die Resolution an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, die Bundestags-Fraktionen und Ministerpräsident Horst Seehofer verschickt wird, ist ungewiss. Verwaltungsleiter Andreas Hartl erklärte, Bürgermeister Heinz Grundner (CSU), der urlaubsbedingt nicht an der Stadtratssitzung teilnahm, könnte sich, falls er die Abfassung der Resolution für rechtswidrig halte, weigern, sie "umzusetzen" - sprich sie an die genannten Adressaten zu übersenden.

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