Ärztemangel:Warten auf den Arzt

Landarzt - Illustration

Eine Folge der vergleichsweise niedrigen Medizinerdichte im Landkreis Erding: Patienten, die auf eine Behandlung beim Arzt warten.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Neue Zahlen zeigen: Im Landkreis Erding gibt es vergleichsweise wenige Ärzte. Am niedrigsten ist die Medizinerdichte im Osten. Es könnte zu Versorgungsproblemen kommen

Von Thomas Jordan, Erding

Wer im Landkreis Erding zum Arzt geht, muss im Schnitt länger warten als in anderen bayerischen Regionen. Das legen neue Zahlen des Landratsamtes zur ärztlichen Versorgung im Landkreis nahe. Der Versorgungsgrad in Erding liegt deutlich unter dem bayernweiten Durchschnitt. Wie aus Zahlen des Landratsamtes hervorgeht, müssen sich im Landkreis 633 Patienten einen Haus- oder Facharzt teilen. Bayernweit betreut ein niedergelassener Mediziner im Schnitt nur 476 Menschen. Nimmt man nur Oberbayern, fällt der Vergleich mit Erding sogar noch krasser aus: Hier kommen auf einen Haus- oder Facharzt sogar nur gut 400 Patienten. Von Ärztemangel in Erding möchte trotzdem noch niemand sprechen.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) vertritt alle niedergelassenen Ärzte im Freistaat, die keine reine Privatpraxis betreiben, und regelt die Neuzulassungen für junge Mediziner. Regelmäßig gibt die KVB einen Versorgungsatlas heraus, der aufzeigt, wie hoch die Ärzteversorgung in den einzelnen Planungsbereichen der KVB ist. Verglichen mit nahegelegenen Regionen schneidet Erding im Jahr 2018 dabei schlecht ab. Kommen etwa im Bereich Landshut auf gut 98 000 Bewohner 85 niedergelassene Ärzte, müssen im Bereich Erding Süd knapp 110 000 Einwohner mit nur 77 Ärzten auskommen. Dazu zählt der südliche Landkreis mit der Großen Kreisstadt Erding.

Der Versorgungsgrad im Erdinger Süden ist aber immer noch besser als im Planungsbereich Erding Nord, der von der Gemeinde Berglern bis nach Dorfen reicht. Seit Jahren ist die Ärzteversorgung dort ein Thema. Gerade Fachärzte fehlen oftmals. Die Folgen davon sind längere Anfahrtswege für die Patienten und längeres Warten auf Termine beim Arzt. "Zum Teil mit einer Planungsfrist von Wochen", sagt Elmar Gerhardinger vom Ärztlichen Kreisverband. In Taufkirchen versucht nun das Klinikum Erding Abhilfe zu leisten. In einer Portalpraxis übernehmen entsendete Fachärzte aus dem Krankenhaus die Arbeit der fehlenden niedergelassenen Spezialisten.

Anlass zur Besorgnis bieten diese Zahlen für die KVB aber noch nicht. Laut deren Versorgungsatlas gilt die Region Erding immer noch als "regelversorgt". Von einem Ärztemangel im Landkreis Erding möchte auch Elmar Gerhardinger aktuell noch nicht sprechen. Dennoch ist der regionale Ärztevertreter alarmiert: "Ich sehe im hausärztlichen Bereich ein deutliches Problem", sagt Gerhardinger. Von 70 Hausärzten im Landkreis gingen in den kommenden drei Jahren 15 in den Ruhestand. Wie die Versorgung in der Boomregion Erding dann noch aufrechterhalten werden soll, weiß auch Gerhardinger nicht. "Wir arbeiten jetzt schon am Limit", sagt der Mediziner, der selbst eine Praxis für Allgemeinmedizin in Erding betreibt. Er ergänzt: "Wenn die Zahlen weiter zurückgehen, haben wir Versorgungsprobleme zu erwarten." Denn Erding hat nicht nur eine vergleichsweise schlechtere Ärzteversorgung. Erding hat auch mehr offene Planstellen für niedergelassene Ärzte als die Nachbarlandkreise Freising und Mühldorf am Inn. Im Moment sind fünf Stellen laut KVB im Landkreis unbesetzt.

Dass sich so wenige junge Ärzte im Landkreis Erding niederlassen wollen verwundert zunächst einmal. Denn der Speckgürtel rund um München zählt zu den attraktiven Arbeitsstandorten. Die Landesärztekammer Bayern, in der alle Mediziner im Freistaat registriert sind, führt aber genau diese Lage Erdings als Erklärung für die "ärztliche Unterzahl im Landkreis" an. Mit anderen Worten: Die Metropole München zieht die jungen Ärzte, die sich niederlassen wollen, aus dem Landkreis Erding ab. "Oft geben die schlechtere Infrastruktur, etwa was weiterführende Schulen und Freizeitangebote angeht, den Ausschlag", sagt Jodok Müller von der Landesärztekammer. Vom Landratsamt heißt es dazu nur, man habe das Thema auf der Agenda. "Die Gremien der Gesundheitsregion Erding wollen sich damit beschäftigen," sagt Pressesprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer.

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