ABS 38 München-Mühldorf-Freilassing:Virtuelle Streckenbegehung

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Die Deutsche Bahn plant den Ausbau der Bahnlinie vollständig digital. Das ermöglicht auch Visualisierungen für realitätsnahe 3 D-Spaziergänge entlang der Gleise

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Planungen für den Ausbau der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing sind ein umfangreiches Projekt. In einem Bürogebäude in der Marsstraße, nahe am Münchner Hauptbahnhof, belegen die Planer der ABS 38, wie das interne Kürzel für die Strecke bei der Bahn heißt, eine komplette Etage. Von hier aus werden das zweite Gleis, die elektrischen Oberleitungen und Signalanlagen, die Bahnhöfe, Brücken und Unterführungen entworfen, und schließlich auch die Lärmschutzwände und was es sonst noch braucht. Die Planer tun das alles natürlich am Computer, unter Einsatz der noch relativ neuen Methode des "Building Information Modelling". Die Planer bauen die ganze Strecke bis letzte Detail digital. Damit wird - das ist zwar nicht der wesentliche Nutzen, aber ein beeindruckender Nebeneffekt - auch eine neue Art der Öffentlichkeitsarbeit möglich: Die Anwohner entlang der Bahnstrecke und jeder, den es interessiert, werden sich den Bahnausbau als 3-D-Computermodell ansehen können.

Es wird bald möglich sein, an der Bahnlinien entlang einen virtuellen Spaziergang zu unternehmen oder gewissermaßen aus dem Fenster eines Hauses zu den Gleisen und Lärmschutzmauern hinüberzusehen. Man kann sich so anschauen, wie es wird, noch lange bevor die Bauarbeiten beginnen. Bei den Informationsabenden, die für das kommende Jahr in allen Gemeinden entlang der ABS 38 vorgesehen sind, werden die Visualisierungen erstmals eingesetzt. Außerdem ist geplant, die digitale 3-D-Bahnstrecken auch im Internet für jeden mittels eines Webplayers zugänglich zu machen. Ähnlich wie bei Google-Streetview kann man sich dann aus allen möglichen Standpunkten und Perspektiven an den Gleisen umsehen. Im Fall der Bahnstrecke sieht man jedoch keine fotografischen Aufnahmen, sondern computergenerierte Abbilder der Realität. Außerdem wird es auch möglich sein, die virtuelle Besichtigung mit einer VR-Brille zu unternehmen.

Im digitalen Modell, das die nähere Umgebung der gesamten Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing abbildet, kann man Datum und Uhrzeit einstellen, um sich zum Beispiel den Schattenwurf der Lärmschutzwände anzusehen. Visualisierung: World Insight/Deutsche Bahn (Foto: Deutsche Bahn)

Beim einem Pressegespräch in München stellten Projektleiter Andreas Kische und Gesamtkoordinatorin Meike Paeslack die neuen Anwendungen vor. Mit den kleinen Filmchen, die es schon länger im Internetauftritt der ABS 38 zu sehen gibt - eine Bahnfahrt durch Hörlkofen und eine Fahrt im Stadtbereich von Dorfen - haben die neuen Visualisierungen nur noch wenig gemein. Ein Fotograf war drei Wochen lang an der Bahnstrecke unterwegs, um Aufnahmen zu machen, die später mit bereits vorhandenen Daten des Vermessungsamts zu einem realitätsnahen Modell verrechnet wurden. Der Fotograf fuhr dabei mit einem Fahrrad an den Gleisen entlang und hatte eine Kamera auf seinem Helm befestigt. Die Grundlage für alle weiteren Visualisierung ist erst mal eine digitalisierte Bestandsaufnahme. Die neuen Bauwerke, die Stromleitungen und Lärmschutzwände werden später digital hineingebaut.

Kische demonstrierte am Beispiel des bereits digital umgesetzten Streckenabschnitts in Ampfing die Möglichkeiten der neuen Technik. Anwohner interessieren sich womöglich dafür, ob und wie sehr hohe Lärmschutzwände Schatten auf ihre Grundstücke werfen. Man kann den Schattenwurf für jeden Tag des Jahres und jede Uhrzeit darstellen. Es ist auch daran gedacht worden, dass die digitalisierten Bäume in Sommer Blätter haben und im Winter kahl dastehen.

So sieht die Realität aus: Der Dorfener Bahnhof mit seinen veralteten und zu tief gelegenen Bahnsteigen. (Foto: Renate Schmidt)

Die 3-D-Visualisierung der Pläne mit der Methode Building Information Modeling (BIM) ist für die Planer jedoch nicht die wichtigste Anwendung. BIM mache es zwar "auch für den Ingenieur anschaulicher", sagte Kische. Doch wesentlicher sei, dass in der neuen Methode alle Einzelpläne zusammengefasst sind und auch noch weitere Informationen eingebunden werden können.

So lassen sich auch die Bauzeitentermine und Kostenpläne punktgenau einflechten, was später den Bauablauf erleichtern soll. Zudem kann man Behörden und externen Partner Zugang zu den Plänen und Informationen gewähren. Da alles zentral gespeichert wird - alles liegt in der Cloud bereit - bekommen die Beteiligten beim Zugriff immer die aktuellsten Versionen. Die interne und externe Kommunikation werde auf diese Weise erheblich verbessert, sagte Paeslack. Niemand wird mehr veraltete, weil zwischenzeitlich überplante Entwürfe haben.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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