Süddeutsche Zeitung

A94 bei Dorfen:Die Isentalautobahn wird eröffnet

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer feiert am Nachmittag am Parkplatz Fürthholz-Nord. Die Gegner des Projekts kommen am Abend im Jakobmayer zusammen

Von Florian Tempel

Am Ende ist doch vor allem eines erstaunlich: Wie lange es gedauert hat.

In der Redaktion der Erdinger SZ wird ein alter grüner Aktenordner aufbewahrt, der eine Chronologie enthält, die der Lengdorfer Hans Prockl mit großer Akribie zusammengestellt hat: Es ist eine Dokumentation der "Zeitungsberichte in zeitlicher Reihenfolge" zur Planung der Isentalautobahn A 94, bis September 1988. Prockls Zusammenstellung ist also auch schon wieder mehr als 30 Jahre alt. Der erste Eintrag in diesem besonderen Pressespiegel verweist in den März 1970. In einem Zeitungsartikel war offenbar wie nebenbei zu lesen, dass bei einer Bürgerversammlung in Watzling der damalige Landrat Simon Weinhuber "nähere Mitteilungen über die bereits im Großen und Ganzen festliegende Trasse" der Isentalautobahn machte. Fast 50 Jahre ist das her. Watzling war noch eine eigenständige Gemeinde, man schrieb auf Schreibmaschinen und der Erdinger Landrat war nicht von der CSU, sondern Mitglied der Bayernpartei.

Als 1977 das Raumordnungsverfahren eingeleitet wurde, begann der Widerstand gegen die Isentalautobahn. 35 Jahre versuchten viele Menschen aus der Region unter Anteilnahme aus ganz Deutschland den Autobahnbau zu verhindern. Die Sache ging durch alles Instanzen. Erst als 2011 das Bundesverwaltungsgericht das letzte Wort sprach, war alles vorbei.

Dieser Montag, 30. September, markiert einen Beginn. Die Isentalautobahn ist fertig. Der etwa 33 Kilometer langen Neubauabschnitt schließt die Lücke zwischen den bisherigen Enden der Autobahn A 94 bei Pastetten und Heldenstein im Landkreis Mühldorf. Die Isentalautobahn ist nicht nur durch grob durch die Landschaft betoniert worden, sondern auch auf einzigartige Weise finanziert. Ein internationales Konsortium, bestehend aus dem Passauer Unternehmen Berger Bau, dem französischen Bauunternehmen Eiffage und einer Tochtergesellschaft des niederländischen Baukonzerns Royal BAM Group, hat in einer sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaft den Bau der Autobahn übernommen. Die Isentalautobahn GmbH & Co. KG hat vom Bund darüberhinaus auch für 30 Jahre den Unterhalt des insgesamt 77 Kilometer langen Autobahnstücks zwischen Forstinning und Marktl am Inn übertragen bekommen. Eine private Straßenmeisterei wird nun bis Ende 2049 zum Beispiel den Winterdienst leisten. Der Staat bleibt allerdings Eigentümer der Autobahn. Alles in allem lässt sich der Bund das Ganze 1,1 Milliarden Euro kosten.

Zur Eröffnungsfeier kommen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und der bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart (beide CSU). Die "feierliche Verkehrsfreigabe" um 15 Uhr auf dem Autobahnrastplatz Fürthholz-Nord, der etwa zwei Kilometer östlich der Autobahnauffahrt Dorfen liegt, war zunächst nur für eine geschlossene Gesellschaft geplant. Wer eingeladen war, war nicht so recht klar. Selbst direkte Anwohner, die Grundstücke für den Autobahnbau hergeben mussten, waren nicht als Gäste vorgesehen. Auch den Dorfener Stadträten lagen keine Einladungen vor. Vor einer Woche verschickte die Autobahndirektion Süd dann eine "finale Version" und teilte mit, dass "alle Bürger, die den Bau der A 94 unterstützt haben" eingeladen seien. Das war wieder nicht so richtig inklusiv. Erst der Münchner Merkur entlockte Bundesverkehrsminister Scheuer schließlich die Zusage, es seien "natürlich alle Bürger herzlich eingeladen".

Diejenigen Bürger, die den Bau der Isentalautobahn nicht unterstützt haben, legen allerdings keinen großen Wert darauf, an dem Festakt auf dem Autobahnparkplatz teilzunehmen. Die Aktionsgemeinschaft gegen die Isentalautobahn und der Bund Naturschutz laden am Montagabend in den Jakobmayer in Dorfen ein. "Der Anlass ist für uns traurig, aber wir veranstalten keine Trauerfeier", teilte Rita Rott vom Veranstaltungsteam mit, "denn neben unserer Wut auf die Verantwortlichen bleibt für uns die Gewissheit, dass wir für die richtige Sache gekämpft haben." Neben Redebeiträgen werden Fotos von Veranstaltungen im Streibl-Saal, den Klangspaziergängen und Sommerfesten am Lindumer Kircherl bis hin zu den Demos in München sowie den Andachten an der Trasse gezeigt. In Filmausschnitten wird an die Konzerte mit der Biermösl Blosn erinnert, sowie an Gustl Weishappel, Dieter Wieland und viele andere, die den Widerstand unterstützt haben. Die Trachtenkapelle Wasentegernbach spielt auf. Der Saal und die Getränketheke sind ab 18.30 Uhr geöffnet, die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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Quelle:
SZ vom 30.09.2019
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