Erbschaftssteuer:Wird München noch teurer?

Erbschaftssteuer trifft München hart: Immobilienbesitzer werden Kosten auf die Mieter übertragen - Bund der Selbständigen ist für Abschaffung.

Michael Tibudd

Münchner Hausbesitzer werden in Zukunft weit höhere Erbschaftssteuern bezahlen müssen als bisher. Das jedenfalls befürchtet der Hausbesitzerverein als Folge der Neuregelung der Erbschaftssteuer. Konsequenzen würde das auch für Mieter haben: Viele Hausbesitzer könnten ihre Immobilien nun an Investoren verkaufen - womit, so die Prognose, langfristig auch die Mieten steigen dürften.

Erbschaftssteuer: Viele Hausbesitzer könnten ihre Immobilien nun an Investoren verkaufen - womit, so die Prognose, langfristig auch die Mieten steigen dürften.

Viele Hausbesitzer könnten ihre Immobilien nun an Investoren verkaufen - womit, so die Prognose, langfristig auch die Mieten steigen dürften.

(Foto: Foto: dpa)

"Mit einem lachenden und einem weinenden Auge" sieht Rudolf Stürzer den Kompromiss zur Erbschaftssteuer, auf den sich die große Koalition am Donnerstag in Berlin geeinigt hat. Gut sei, dass Eigentümer selbst genutzter Wohnungen um die Erbschaftssteuer herum kämen. Darüber sei er "sehr froh, das wäre eine Katastrophe gewesen", sagte Rudolf Stürzer.

Allerdings spiele das für München nicht die entscheidende Rolle: Der Anteil der Selbstnutzer liegt nach Stürzers Angaben in München bei etwa 20 Prozent. Die restlichen 80 Prozent der mehr als 500.000 Wohnungen im Großraum München seien dagegen vermietet. Deren Eigentümer müssten nun also sehr wohl Steuern bezahlen, wenn sie die Immobilie vererben. Um diese bezahlen zu können, müssten viele Erben die Häuser verkaufen. Das sei schon im vergangenen Jahr oft passiert, 2007 wechselten 217 Wohnhäuser den Besitzer. "Und grundsätzlich ist jeder Besitzerwechsel schlecht für die Mieter." Schließlich müssten gerade die vielen gewerblichen Immobilienkäufer die höchstmögliche Rendite erzielen.

"Wenn der Staat etwas gibt, muss er es anderswo nehmen"

Stürzer befürchtet, dass sich von nun an erheblich mehr Erben zum Verkauf entscheiden werden: "Das Steueraufkommen für den Staat soll ja gleich bleiben - wenn er den Selbstnutzern etwas gibt, muss er es anderswo nehmen." Dass das Erben von Mietwohnungen teurer wird, liegt auch in der Logik einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses verlangt, dass als Bemessungsgrundlage in Zukunft der Verkehrswert eines Gebäudes herangezogen wird.

Bisher wurde nur ein deutlich niedrigerer "Steuerwert" fällig. Stürzer betonte, dass niemand die Erbschaftssteuer direkt auf die Mieten umlegen werde. "Aber man wird die Kosten dann eben doch in seine nächste Kalkulation mit einbeziehen." Auf einem Mietmarkt wie München mit seiner traditionell hohen Nachfrage "ist der Spielraum dazu da."

"Wir sind enttäuscht"

Während also zumindest ein Teil der Eigentümer von Wohnimmobilien gut davon kommen wird, sehen Unternehmens-Lobbyisten den Kompromiss vorwiegend negativ: "Wir sind enttäuscht", teilte die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern mit. Kritikwürdig erscheint IHK-Chef Peter Driessen vor allem, dass ein vererbtes Unternehmen weitgehend die gleiche Summe an Löhnen bezahlen muss - eine Regelung, die verhindern soll, dass Unternehmenserben im großen Stil Mitarbeiter entlassen.

Das sei gerade in kritischen Phasen ein Problem: Wenn ein Unternehmen nur überleben kann, wenn Mitarbeiter entlassen werden, "dann droht ihm nun noch zusätzlich die Erbschaftssteuer", sagte Driessen. Immerhin sei die Zeitspanne, in der ein Unternehmen nicht verkauft werden dürfe, von 15 auf zehn Jahre gesenkt worden.

Aus Sicht von Fritz Wickenhäuser, Präsident des Bundes der Selbständigen und selbst Hotelier in München, haben sich mit dem Koalitionskompromiss "gesellschaftliche Neiddebatten durchgesetzt". 12000 Unternehmen werden ihm zufolge bayernweit alljährlich übergeben. Durch die Erbschaftssteuer habe etwa ein familiengeführtes Unternehmen wie seines einen grundsätzlichen Nachteil gegenüber internationalen Hotelketten - "und 80 Prozent aller Unternehmen sind Familienunternehmen". Gerecht wäre "nur eine Abschaffung der Steuer".

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