Entscheidung:Einer fürs Geld

Lesezeit: 2 min

Stefan Gros soll als kaufmännischer Geschäftsführer vom 1. Oktober an das Haus der Kunst aus seiner finanziellen Schieflage bringen

Von Susanne Hermanski

Kultusminister Ludwig Spaenle zeigte sich am Freitag erleichtert, dass es nun "losgehen" könne. Mit dem neuen Mann seien bereits "intensiv" die verschiedenen Aspekte der neuen Aufgabe besprochen. Der neue Mann, das ist Stefan Gros, und er soll künftig im Haus der Kunst als zweiter Geschäftsführer an der Seite Okwui Enwezor wirken. Dies hatte das Kultusministerium Donnerstagabend bekannt gegeben. Gesucht worden war ein Spezialist, so Spaenle, der auch "in zeitlich sehr kurzem Rahmen" zu handeln vermag und der "besonderen Lage" im Haus der Kunst gewachsen sein würde. Das soll Gros, ein Finanzexperte und Fachmann für Sanierungen, also sein. Er soll künftig die kaufmännischen Entscheidungen treffen, während Enwezor für das Künstlerische verantwortlich zeichnet. Enwezor sei in die Entscheidung, Gros zu holen, mit einbezogen worden.

Im Juli hatte der Aufsichtsrat beschlossen, die Position neben Enwezor zu schaffen, nachdem bekannt geworden war, dass sich das renommierte Ausstellungshaus in finanzieller Schieflage befindet. Das ist aus zwei Gründen besonders problematisch: Dem Gebäude aus der NS-Zeit steht eine dringend nötige, kostspielige Renovierung bevor. Zum anderen hatten Anfang des Jahres Nachrichten über eine mögliche Scientology-Unterwanderung den Aufsichtsrat bereits zum Handeln gezwungen. Der Verfassungsschutz wurde eingeschaltet, das Haus trennte sich von seinem langjährigen Personalverwalter, der mutmaßlich Scientology angehört, und von mindestens zwei weiteren Mitarbeitern.

Eine Performance auf der Terrasse des Hauses der Kunst - hier beim Sommerfest des Ausstellungshauses an der Prinzregentenstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Laut Kunstminister Spaenle, der dem Aufsichtsrat des Hauses der Kunst vorsitzt, ist Stefan Gros zum 1. Oktober als Interimsgeschäftsführer "zunächst für drei Monate" bestellt. Der erweiterten Geschäftsleitung gehören auch weiterhin der bisher Enwezor unterstellte kaufmännische Leiter Marco Graf von Matuschka und der Chefkurator Ulrich Wilmes an.

Gros sei ein anerkannter Finanzexperte und habe vielfältige Erfahrungen mit Unternehmen in Umbruchsituationen, sagte Spaenle. Gros ist Jahrgang 1964, er hat bereits bei zahlreichen Großunternehmen wie Mannesmann und Infineon gearbeitet. Er war Partner eines Ablegers der Unternehmensberatung Roland Berger und hat mehrere Firmen bei Beinahe-Konkursen umstrukturiert und andere auf den Börsengang vorbereitet. An der Katholischen Universität Eichstätt hat er einen Lehrauftrag. Bei Gros' Einsatz gehe es auch darum, "transparente und effiziente Strukturen" zu schaffen, betonte Spaenle. Zudem sei dem Aufsichtsrat wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen.

Viele der zu Tage getreten Probleme des Hauses sind erst auf Einsatz des Betriebsrates hin bekannt geworden. Der begrüßt die Entscheidung, Gros zu installieren. "Wir sind in den vergangenen Monaten dafür eingetreten, dass Okwui Enwezor die künstlerische Leitung behält und ihm ein Geschäftsführer auf Augenhöhe zur Seite gegeben wird", lassen dessen Vertreter verlauten. "Für die Belegschaft erhoffen wir uns nun ein Klima der erhöhten Wertschätzung." Zur finanziellen Schieflage heißt es aus dem Gremium, dass es nun darum gehe, "die Planungen für 2018 verbindlich zu gestalten und die nötigen Sicherungen einzubauen". Die Betriebsräte schlagen dazu einige Maßnahmen vor, etwa, die Experten im Haus stärker bei den Planungen zu Rate zu ziehen. In den vergangenen Jahren habe das "Management für die Planzahlen die Expertise seiner Teams nicht eingeholt".

Auf Stefan Gros wartet eine große Aufgabe. (Foto: Privat)

Auch wenn der Betriebsrat Gros' Einsatz positiv einschätzt, hat er kritische Anmerkungen zu dem Gesamtpaket, das der Aufsichtsrat nun geschnürt hat. Man hoffe, dass Spaenle der Öffentlichkeit vermitteln könne, "wie das finanziell geschwächte Haus diese zusätzlichen Kosten verkraften soll" - für einen kaufmännischen Geschäftsführer, von nächstem Jahr an zusätzlich für einen Projektleiter der Renovierung, für einen kaufmännischen Leiter und obendrein für eine Organisationsanalyse, die durch eine Beratungsfirma vorgenommen werden soll.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: