Süddeutsche Zeitung

Engpässe bei der MVG:München hat zu wenige Trambahnen

  • Auf den Trambahn-Linien 22 und 28 kommt es zu Engpässen.
  • Wegen Rissen an den Schweißnähten des Typs "Variobahn" müssen alle Fahrzeuge aus dem Verkehr genommen werden.
  • Fahrgastvertreter wie Wolfram Liebscher vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordern mittlerweile die Rückgabe der mangelhaften Trambahnen.

Von Marco Völklein

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hat erneut mit einem erheblichen Trambahn-Engpass zu kämpfen. Zu leiden haben darunter die Fahrgäste, unter anderem auf den Linien 22 und 28: Weil nicht genügend Straßenbahnen zur Verfügung stehen, setzt die MVG auf der Linie 28 (Scheidplatz-Sendlinger Tor) insgesamt fünf Busse ein; auf der Linie 22 (Stachus-Lothstraße) fallen einzelne Züge sogar komplett aus. Die Folge: In den verbleibenden Trambahnen geht es noch enger zu als ohnehin schon.

Schlimmer noch: Das Ganze wird sich noch eine Weile hinziehen. Erst "in den nächsten Wochen", so der städtische Verkehrsbetrieb, wird es einer Spezialfirma gelungen sein, sämtliche Problemtrams repariert zu haben. Grund für die Misere sind nämlich Risse, die an einer wichtigen Schweißnaht an den Fahrzeugen vom Typ "Variobahn" aufgetaucht sind. Bereits Mitte Dezember hatte die MVG sieben von insgesamt 13 Variobahnen deshalb aus dem Betrieb nehmen müssen. Nun zeigte sich, dass auch an den sechs anderen Bahnen die Nähte ausgebessert werden müssen. Deshalb ordneten die Aufseher von der Regierung von Oberbayern an, sämtliche Variobahnen vorläufig abzustellen.

Mangelhafte Ausführung der Schweißnähte

Die MVG sieht die Schuld für den Ausfall beim Hersteller Stadler Rail. Dieser habe bei der Fertigung Fehler gemacht und die Schweißnähte an den Unterseiten der Züge "mangelhaft" ausgeführt. Stadler äußert sich nur zurückhaltend zu dem Fall. "Wir sind uns der Verantwortung bewusst, schnellstens eine Lösung zu finden", erklärte die Geschäftsführung. Man arbeite "intensiv an der Lösung des Problems". Tatsächlich ist seit Mittwoch eine von Stadler beauftragte Fachfirma dabei, die schadhafte Schweißnaht am ersten Zug zu richten. Konkrete Angaben dazu, wie lange die Reparatur aller 13 Züge dauern wird, machten aber weder Stadler noch die MVG.

Klar ist nur, dass sich mit den erneuten Ausfällen die Pannenserie bei den Variobahnen fortsetzt. So hatte es zunächst viel Ärger um die Zulassung der seit 2008 beschafften Züge gegeben. Dann war im Sommer 2012 ein erster Serienschaden aufgetaucht: Die Gummidämpfer in den Rädern wiesen Risse auf. Ärger hatte die MVG zudem, weil sich Anwohner entlang einiger Tramlinien über die Fahrzeuge beschwert und diesen die Bezeichnung "Donnerwalze" verpasst hatten - weil die Züge angeblich heftige Erschütterungen auslösten. Vor allem aber tauchten laut MVG immer wieder kleinere und größere Schäden auf, die die Techniker fast verzweifeln ließen.

Forderung nach Rückgabe der Fahrzeuge

Fahrgastvertreter wie Wolfram Liebscher vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) fragen daher mittlerweile, ob es nicht an der Zeit wäre, "ein Fahrzeug, das solch fundamentale Mängel aufweist, einfach zurückzugeben". Als "normaler Konsument" habe man ja auch das Recht, einen mangelhaften Fernseher in den Laden zurückzubringen und Ersatz zu verlangen. Statt immer "wieder neue Schuldzuweisungen" zu verlautbaren, sollte die MVG die Sache mit Stadler "konsequent ausfechten".

Davon allerdings will die MVG nichts wissen. Man habe einen Rechtsanspruch auf Mängelbeseitigung - und diesen habe man geltend gemacht, sagt ein Unternehmenssprecher. Zudem sei es das Ziel, "möglichst schnell möglichst viele Fahrzeuge wieder zur Verfügung zu haben", um den Kunden ein uneingeschränktes Angebot bieten zu können. Mit einer Rückabwicklung des Variobahn-Vertrags, einer neuen Ausschreibung sowie einem langwierigen Produktions- und Zulassungsprozess für neue Fahrzeuge sei dies nicht zu erreichen. Zumal auch bei dann neuen Bahnen niemand garantieren könne, dass diese nicht auch wieder Probleme hätten. "Mängel bei neuen Schienenfahrzeugen", so der Sprecher, "waren in den letzten Jahren kein auf München beschränkter Einzelfall."

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SZ vom 08.01.2015/lime
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